Hoogervorst, Watchman, Nooteboom im EU-Parlament zu IFRS 9 gehört

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13.07.2016

Der monatliche Sitzungsabschnitt zur Überprüfung von delegierten Rechtsakten und Durchführungsmaßnahmen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des EU-Parlaments (ECON) heute war IFRS 9 gewidmet. Als Experten wurden der IASB-Vorsitzende Hans Hoogervorst, der TEG-Vorsitzenden und EFRAG-CEO Andrew Watchman und Erik Nooteboom, Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (FISMA) der EU-Kommission, gehört.

Jeder der Experten hielt zunächst eine Eröffnungsansprache.

Hoogervorst wies auf das Modell der erwarteten Verluste als das wesentliche Merkmal des neuen Standards zu Finanzinstrumenten hin. Er erklärte, dass dies zu einer zeitnäheren und fortlaufenden  Erfassung von Verlusten führe und daher großer Ausschläge zu einem späteren Zeitpunkt vermeide. Er gab der Überzeugung Ausdruck, dass IFRS 9 zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen werde. Hoogervorst äußerte sich auch zu den unterschiedlichen Zeitpunkten des Inkrafttretens von IFRS 9 und dem neuen Standard zur Versicherungsbilanzierung. Er hielt fest, dass reine Versicherer die Anwendung von IFRS 9 aufschieben könnten, während gemischte Konzerne die Option hätten, Anpassungen am Betriebsergebnis vorzunehmen. Er erklärte, dass der IASB vermeiden wolle, dass innerhalb eines Unternehmens zwei unterschiedliche Standards angewendet werden, da dies für Anleger zu verwirrend wäre.

Watchman bestätigte die EFRAG-Übernahmeempfehlung für IFRS 9 und hielt fest, dass die Erfüllung der Übernahmebedingung  immer die Überschreitung eines Schwellenwerts darstelle und nicht bedeute, dass EFRAG allen Aspekten des Standards zustimme. Er verwies auch auf die Tatsache, dass die Übernahmeempfehlung eine qualitative Auswirkungsanalyse beinhalte; für eine quantitative Analyse gäbe es bis jetzt noch nicht ausreichend Daten. Watchman hielt fest, dass die EFRAG-Übernahmeempfehlung der Bedingung unterliege, dass der IASB den Sachverhalt der unterschiedlichen Zeitpunkte des Inkrafttretens von IFRS 9 und dem neuen Standard zu Versicherungen löse.  Er hielt allerdings fest, dass der IASB an einer Lösung arbeite, bei der die meisten (allerdings nicht alle) der Anregungen von EFRAG berücksichtigt würden.

Nooteboom betonte die bedeutenden Verbesserungen, die IFRS 9 im Vergleich zu IAS 39 bringen würde und verwies auf die positive RAR-Abstimmung am 27. Juni 2016. Auch er ging auf die unterschiedlichen Zeitpunkte des Inkrafttretens von IFRS 9 und dem neuen Standard zu Versicherungsverträgen ein und hielt fest, dass die EU-Kommission gegenwärtig Daten zu der Aussage zusammentrage, dass Konzerne, in denen Banken und Versicherungen zusammengefasst sind, Wettbewerbsnachteile aufgrund der Tatsache hätten, dass die Aufschuboption nicht unterhalb der Konzernebene zur Verfügung stehen soll. Der Kommission würde sich hierzu eine Meinung bilden, und wenn sich herausstellte, dass diese Aussagen wahr wären, würde man auf EU-Ebene handeln und eine ergänzende EU-Lösung finden.

Die Fragen der EU-Mitglieder waren zum größten Teil maßvoll im Ton und sehr lösungsorientiert. Sie fragten insbesondere nach der Aussage, dass mit IFRS 9 eine stärkere Bewertung zum beizulegenden Zeitwert eingeführt würde, was viele von ihnen mit einem größeren Risiko der Prozyklizität verbinden, den Auswirkungen auf langfristiges Anlageverhalten, besseren Auswirkungsanalysen und der Komplexität des Standards.

Die Experten erwiderten, dass die leicht unterschiedliche Klassifizierung in IFRS 9 im Vergleich zu IAS 39 dazu führen könne, dass mehr Vermögenswerte zum beizulegenden Zeitwert bewertet würden; dies sei aber kein Paradigmenwechsel und hinge im Wesentlichen vom Geschäftsmodel des Unternehmens ab - einige Unternehmen, die IFRS 9 vorzeitig anwenden, hätten sogar berichtet, dass sie weniger Vermögenswerte als bisher zum beizulegenden Zeitwert bewerten würden. Hinsichtlich langfristige Anlagetätigkeit wurden zwei Punkte festgehalten: (1) selbst langfristig orientierte Anleger würden Wahrheiten zum sich ereignenden Zeitpunkt sehen wollen und (2) IFRS 9 würde nicht mehr Volatilität bringen, vielmehr würde diese über die Zeit verteilt, sodass Volatilitätsausschläge wie während der Finanzmarktkrise vermieden würden. Alle Parteien waren sich einig, dass quantitative Auswirkungsanalysen vor der Umsetzung eines Standards unmöglich seien. Sie gaben jedoch alle an, dass sie die Auswirkungen der IFRS 9-Übernahme sorgfältig im Auge behalten und wenn nötig (re)agieren würden. Zur Komplexität schließlich machten die Experten zwei Aussagen: (1) Komplexität im Standard sei tatsächlich in einige Bereich reduziert worden, und da, wo sie sich erhöht habe (Wertminderung), sei dies wohl gerecht fertigt, und (2) die Komplexität entstamme den abgebildeten Transaktionen und der wirtschaftlichen Realität, nicht der Standardsetzung. Watchman zitierte Albert Einstein: Mache die Dinge so einfach wie möglich – aber nicht einfacher."

Eine Aufzeichnung der Sitzung ist bereits hier auf der Internetseite des EU-Parlaments verfügbar (Sitzungsteil beginnt um 11:29:00h). Wie immer haben Sie die Möglichkeit, der Sitzung in deutscher Simultanübersetzung zuzuhören.

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