FASB-Vorsitzende spricht über Übermaß an Angaben und Kosten-Nutzen-Analysen von Standards
05.06.2012
Leslie F. Seidman, die Vorsitzende des US-amerikanischen Standardsetzers Financial Accounting Standards Board (FASB), hat bei der Jahreskonferenz der Fachzeitschrift 'Compliance Week' am 4. Juni 2012 eine Rede gehalten, in der sie das FASB-Projekt zu einem Rahmenkonzet für Angaben erläuterte und Stellung zu den Aufforderungen nahm, dass der FASB die Kosten-Nutzen-Analyse in der Standardsetzung auf 'wirtschaftliche Auswirkungen' ausweiten solle.
Nachfolgend fassen wir die wesentlichen Aussagen der Rede für Sie zusammen und übersetzen Ihnen einige Auszüge.
Rahmenkonzept für Angaben
Es wird erwartet, dass der FASB in den kommenden Wochen ein Diskussionspapier als Ergebnis seines Projekts zu einem Rahmenkonzept für Angaben veröffentlichen wird.
Bei der Erläuterung dieses Projekts wies Seidman auf viele Themen unter US-GAAP hin, die mit denen unter den International Financial Reporting Standards (IFRS) im Einklang stehen. (Der FASB und die Europäische Beratungsgruppe für Rechnungslegung (European Financial Reporting Advisory Group, EFRAG) arbeiten bei ihren jeweiligen Projekten zur Entwicklung eines Rahmenkonzepts für Angaben zusammen (s. unsere Nachricht vom 30. August 2011), und sie beabsichtigen, ein Rahmenkonzept zu erarbeiten, das sowohl unter US-GAAP als auch unter internationalen Rechnungslegungsstandards anzuwenden ist. Außerdem hat der Vorsitzende des IASB signalisiert, dass der IASB erwägt, ebenfalls ein Projekt in diesem Bereich aufzunehmen.)
Seidman hielt in ihrer Rede fest, dass "einige Leute am liebsten jetzt gleich die Angaben drastisch kürzen würden", aber sie wies auch darauf hin, dass "der Zweck dieses Projekts ist, die Wirksamkeit von Angaben zu verbessern, und nicht, das Angabenvolumen um jeden Preis zu verringern". Sie führte weiter aus, dass der FASB der Meinung ist, dass er "zuerst ein Rahmenkonzept für Angaben entwickeln sollte, sodass es zukünftig eine Grundlage für das Streichen und Ändern bestehender Angaben und die mögliche Hinzufügung von neuen Angaben gibt".
Seidman verwies auf den erwarteten Nutzen des Projekts zum Rahmenkonzept zu Angaben. Dazu gehören die folgenden Punkte:
- Hilfe für den FASB bei der Entwicklung von konsistenten Angabevorschriften, deren Schwerpunkt darauf liegt, was für Abschlussadressaten am wichtigsten ist;
- Erläuterung, wie die Berichtseinheit einschätzen soll, welche Angaben unter verschiedenen Umständen zu verschiedenen Zeitpunkten erforderlich sind;
- Untersuchung von Möglichkeiten, wie "bedeutendere" Informationen betont werden können und wie es Adressaten erleichtert werden kann, die Informationen zu finden, die sie am meisten interessieren.
In dem Diskussionspapier soll auch um Meinungsäußerungen gebeten werden, wie der Ansatz auf Angaben in Zwischenberichten angewendet werden kann und wie Wesentlichkeit im Zusammenhang mit Angaben beurteilt werden soll. Zum Konzept der Wesentlichkeit in Bezug auf Angaben sagte Seidman:
... viele Leute haben Schwierigkeiten damit, wie das Konzept der Wesentlichkeit auf Angabeposten angewendet werden soll. Wenn ein Posten wesentlich im Abschluss ist, muss dann jede dazu vorgeschriebene Angabe dazu geleistet werden, auch wenn ein Teil dieser Informationen unwesentlich ist? Kann es sich andererseits ein Ersteller leisten, unwesentliche Informationen wegzulassen, wenn er nachher mehr Zeit damit verbringt, dem Prüfer, den Anlegern oder der Aufsicht zu erläutern, warum sie weggelassen wurde? Ich nenne dieses Phänomen "verteidigende Angaben". Während ich verstehe, warum Unternehmen so vorgehen, bin ich der Meinung, dass dies einen signifikanten Beitrag zum Übermaß an Angaben und ihrer mangelnden Wirksamkeit leistet.
Kosten und Nutzen in der Standardsetzung
Auf die Analyse der Kosten und Nutzen in der Standardsetzung eingehend reagierte Seidman auf Rufe, dass der FASB diese Analyse auf die 'wirtschaftlichen Auswirkungen' ausdehnen solle, indem er die allgemeineren Auswirkungen der vorgeschlagenen Rechnungslegungsstandards auf die Wirtschaft untersucht.
Seidman gab an, dass der FASB Standards herausgibt, "wenn davon auszugehen ist, dass die Verbesserungen in der Qualität der Berichterstattung die Kosten der Erstellung und Verwendung dieser Informationen rechtfertigen". Sie nahm zur Kenntnis, dass es Rufe gibt, dass der FASB über dieses Muster hinausgehen und die allgemeineren Auswirkungen untersuchen sollte, wenn bestimmte Unternehmen oder Branchen besonders negativ betroffen sind, und erläuterte ihre Bedenken in Bezug auf diesen Ansatz.
Sich im wesentlichen auf die Rolle der Finanzberichterstattung in der Wirtschaft konzentrierend sagte Seidman: "Während neue Rechnungslegungsstandards möglicherweise die Art und Weise ändern, wie Unternehmen über ihre finanzielle Lage berichten, lassen die Standards doch nicht die zugrunde liegende Lage entstehen und greifen auch nicht in sie ein." Sie ging dann dazu über, den Nutzen aus vergangenen umstrittenen Projekten zu erläutern wie beispielsweise des FASB-Projekts zu anderen Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus den 80er Jahren, das, wie sie eingestand, zu einer Reihe von Bedenken bei den Anwendern geführt hatte. Sie führte dann aus, dass "deutlich ist, dass der Nutzen der besseren Informationen, die durch den Standard zur Verfügung gestellt wurden, dazu geführt haben, dass Management und Anleger über diese Art der Vergütung auf eine andere Art und Weise nachgedacht haben," und dass das Projekt tatsächlich Auswirkungen gehabt habe, da "einige entscheiden haben, die Form der Leistungen zu überdenken, die Rentnern zugesagt wurden".
Zum Abschluss ihrer Überlegungen zu diesem Thema hielt Seidman fest:
Einige haben vorgeschlagen, dass wir Untersuchungen der negativen Konsequenzen aufnehmen, die unsere Vorschläge für bestimme Arbeitnehmer oder Unternehmen oder Sektoren der Wirtschaft haben könnten. Einige sind der Meinung, dass die Möglichkeit negativer Konsequenzen ein Grund sei, Berichterstattung nicht zu verbessern. Wir teilen diese Sichtweise nicht. Wir glauben, dass Anleger, Kreditgeber, Geldgeber und andere Adressaten einschließlich derjenigen, die über Strategien entscheiden, relevante und unverzerrte Informationen brauchen, auf denen sie ihre Entscheidungen aufbauen können. Sie brauchen ein gutes Barometer, auch wenn es manchmal auf Regen hinweist. Etwas Anderes zu tun, hieße, die speziellen Interessen einiger Weniger über das Interesse der Allgemeinheit an unverzerrten Finanzinformationen zu stellen.
Sie können sich die vollständige Rede in englischer Sprache direkt von der Interneteite der SEC herunterladen.