IASB schlägt neues Wertminderungsmodell vor

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07.03.2013

Der International Accounting Standards Board (IASB) hat seinen lange erwarteten Vorschlag zur Neuregelung der Wertberichtigungen von Finanzinstrumenten vorgelegt. In dem Entwurf schlägt er ein Modell vor, demzufolge Wertminderungen nicht erst dann erfasst werden, wenn sie eingetreten sind; vielmehr soll künftig für erwartete Zahlungsausfälle eine Risikovorsorge auch für bislang nicht leistungsgestörte Finanzinstrumente gebildet werden. Die Vorschläge können bis zum 5. Juli 2013 kommentiert werden.

Hintergrund

Mit dem Entwurf ED/2013/3 Finanzinstrumente: Erwartete Kreditausfälle hat der IASB einen überarbeiteten Vorschlag zu der Fragestellung vorgelegt, wie Wertminderungen bei Finanzinstrumenten abgebildet werden sollen. Bereits seit 2009 arbeitet der Board an einer Neufassung seiner Vorschriften zur Erfassung von Wertminderungen. Im Zuge der globalen Finanzmarktkrise war er unter massiven Druck geraten, die als komplex und widersprüchlich empfundenen Abschreibungsregeln zu ändern und eine frühere Erfassung sich abzeichnender Kreditausfälle vorzusehen. Nach dem bisher gültigen Regelwerk in IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung ist ein Finanzinstrument grundsätzlich erst dann abzuschreiben, wenn ein Verlustereignis eingetreten ist und dieses Ereignis zukünftige Zahlungsausfälle erwarten lässt (sog. Modell der eingetretenen Verluste oder Incurred Loss Model, ILM).

Im November 2009 hatte der IASB einen ersten Vorschlag unterbreitet, die Bemessung erwarteter Kreditausfälle über die Berechnung der Effektivverzinsung eines Finanzinstruments zu erfassen (ED/2009/12 Fortgeführte Anschaffungskosten und Wertminderungen). Kerngedanke dieses Ansatzes ist die Tatsache, dass erwartete Kreditausfälle eines Finanzinstruments üblicherweise in den zu vereinnahmenden Zins eingepreist sind. Daher sollten diese erwarteten Kreditausfälle idealerweise über die Rendite des Finanzinstruments abgebildet werden, wohingegen Veränderungen der Bonität bei deren Auftreten als nicht eingepreiste Bewertungserfolge gezeigt würden. Dieser Ansatz wurde zwar von einer breiten Mehrheit der Adressaten als konzeptionell überzeugend gelobt, jedoch als nicht praxistauglich abgelehnt, weil die erforderliche Nachverfolgung der Bonitätsentwicklung eines Finanzinstruments auf Einzelgeschäftsebene nur in seltenen Fällen erfolge.

In einer Ergänzung, die im Januar 2011 erschien, schlugen IASB und der US-amerikanische Financial Accounting Standards Board (FASB) ein Modell vor, bei dem die Zinserfassung und die Vornahme von Wertberichtigungen wieder entkoppelt wurden (ED/2011/1 Ergänzendes Dokument). Finanzinstrumente sollten nun in ein Weiß- und ein Schwarzbuch aufgeteilt werden, wobei erstgenanntem all jene finanziellen Vermögenswerte zugewiesen würden, bei denen bis zum Berichtsstichtag kein Ausfall zu verzeichnen sei; alle übrigen Kredite würden dem Schwarzbuch zugeordnet. Während für die Instrumente des Schwarzbuchs eine Risikovorsorge in Höhe der über die verbleibende Restlaufzeit erwarteten Kreditausfälle zu erfassen wäre – was grob der für diese Geschäfte bereits bislang unter dem ILM gebuchten Wertberichtigung entspricht –, sollte die Risikovorsorge für die auf das Weißbuch allokierten Geschäfte deren über die Gesamtlaufzeit erwartete Kreditausfälle zeitanteilig widerspiegeln. Dieser Wertansatz wäre ggf. noch zu erhöhen, falls ein Ausfall in absehbarer Zukunft zu erwarten sei.

Seit 2011 arbeiteten IASB und FASB an einer Verfeinerung dieses im Grunde weiter gültigen Ansatzes. Zwei Fragen trieben die Boards insbesondere: (1) In welcher Höhe sollte die Bevorsorgung der Geschäfte des Weißbuchs erfolgen? (2) Wann und wie sollten Geschäfte zwischen den Büchern wandern, falls sich ihre Ausfallwahrscheinlichkeit deutlich erhöht oder verringert? Auch wenn sich der FASB im Juli 2012 entschloss, den gemeinsam erarbeiteten Ansatz nicht zu verfolgen und ein eigenes Wertminderungsmodell vorzulegen, trieb der IASB die Arbeiten an dem ursprünglich gemeinsamen Modell weiter voran.

Die im nun veröffentlichten Entwurf unterbreiteten Vorschläge würden bei endgültiger Verabschiedung als eigener Abschnitt in IFRS 9 Finanzinstrumente aufgenommen.

 

Zusammenfassung der wichtigsten Regelungen

Zielsetzung. Das Ziel besteht in der Erfassung erwarteter Kreditausfälle bei den Finanzinstrumenten, die im Anwendungsbereich der Vorschriften liegen. Erwartete Kreditausfälle werden als Barwert erwarteter Ausfall vertraglicher Zahlungen definiert. Für die Beurteilung sind vergangenheitsbezogene, gegenwärtige und zukunftsgerichtete Informationen zu berücksichtigen.

Anwendungsbereich. Gegenstand der Wertminderungsvorschriften sind

  • alle finanziellen Vermögenswerte, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert werden,
  • alle schuldrechtlichen Finanzinstrumente, die in der parallel vorgeschlagenen neuen Kategorie „zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten, wobei Wertänderungen im sonstigen Gesamtergebnis erfasst werden“ geführt werden,
  • alle Handels- und Leasingforderungen sowie
  • geschriebene Kreditzusagen und geschriebene Kreditleihegeschäfte, soweit diese nicht zum beizulegenden Zeitwert bewertet und ihre Wertänderungen im Periodenergebnis erfasst werden.

Risikovorsorge – Höhe. Die Höhe der zu bildenden Risikovorsorge hängt davon ab, ob es bei einem Finanzinstrument seit dessen Erstansatz zu deutlichen Verschlechterungen der Bonität gekommen ist. Drei Stufen werden unterschieden:

  • Stufe 1: Finanzinstrumente haben seit ihrer Einbuchung keine bedeutende Verschlechterung der Kreditqualität erfahren,
  • Stufe 2: Finanzinstrumente haben sich seit ihrem Erstansatz bedeutend verschlechtert,
  • Stufe 3: Finanzinstrumente haben seit ihrem Erstansatz bedeutend verschlechtert und bereits Ausfälle verzeichnet.

Für Finanzinstrumente der Stufe 1 sieht der IASB die Bildung einer Risikovorsorge in Höhe des Barwerts der über die Restlaufzeit erwarteten Zahlungsausfälle vor, falls in den nächsten 12 Monaten ein Ausfall eintritt (sog. 12 month expected credit loss); für Finanzinstrumente der Stufen 2 und 3 ist demgegenüber eine Bevorsorgung in Höhe des Barwerts der über die verbleibende Restlauzeit erwarteten Zahlungsausfälle geboten (sog. lifetime expected credit loss).

Risikovorsorge – Erfassung. Die Bilanzierung der Risikovorsorge erfolgt bei bilanzwirksamem Geschäft durch Dotierung eines Wertberichtigungskontos (loss allowance), bei nicht bilanzierten Geschäften durch Bildung einer Rückstellung (provision).

Zinserfassung. Die Zinsvereinnahmung erfolgt für Finanzinstrumente der Stufen 1 und 2 auf Grundlage von deren Bruttobuchwert, bei Geschäften der Stufe 3 dagegen auf Nettobasis (also unter Abzug der Kreditausfälle vom Buchwert).

Gekaufte oder ausgereichte wertgeminderte finanzielle Vermögenswerte. Es wird nicht der zweistufige Ansatz angewendet, vielmehr werden Veränderungen der über die Gesamtlaufzeit erwarteten Kreditausfälle über die Laufzeit des Instruments seit der Schätzung beim Erstansatz unmittelbar im Periodenergebnis erfasst.

Vereinfachung für Handels- und Leasingforderungen. Unternehmen bekommen für diese Instrumente ein Methodenwahlrecht eingeräumt, die Risikovorsorge stets in Höhe des Barwerts der über die verbleibende Restlauzeit erwarteten Zahlungsausfälle zu bemessen und auf die ansonsten erforderliche Unterscheidung zu verzichten.

Neue Angaben. Mit dem neuen Wertminderungsmodell werden auch zusätzliche Angabevorschriften vorgeschlagen. Insbesondere wird ein Wertberichtigungsspiegel, eine Erläuterung der Inputfaktoren und Annahmen für die Ermittlung der erwarteten Verluste sowie Informationen über die Auswirkungen der Verschlechterung oder Verbesserung des Kreditrisikos von Finanzinstrumenten verlangt.

Zeitpunkt des Inkrafttretens. Der IASB wird den Zeitpunkt des Inkrafttretens erst nach Abschluss seiner erneuten Beratungen festsetzen.

 

Unterschiede zum Vorschlag des FASB

Bereits im Dezember 2012 hatte der FASB seinen Vorschlag für ein Modell gegenwärtig erwarteter Kreditausfälle (Current Expected Credit Losses, CECL) veröffentlicht. Der bedeutendste Unterschied zwischen dem vorstehenden IASB-Modell und jenem des FASB besteht darin, dass der FASB eine einheitliche Bemessung der Risikovorsorge für alle Finanzinstrumente zum Zeitpunkt ihres Zugangs vorsieht; die Bemessung soll dabei in Höhe des Barwerts der über die verbleibende Restlaufzeit erwarteten Zahlungsausfälle erfolgen. Dieser Betrag muss zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes eines Finanzinstruments gebucht werden.

Stellungnahmen zum Vorschlag des IASB können bis zum 5. Juli eingereicht werden; die Kommentierungsfrist für den Entwurf des FASB läuft bereits am 30. April aus. (Hinweis: Am 28. März 2013 verlängerte der FASB die Kommentierungsfrist für seinen Entwurfs bis zum 31. Mai 2013.)

 

Weiterführende Informationen

Auf der Internetseite des IASB:

Auf IAS Plus:

Der Entwurf wird außerdem Gegenstand bei der Dbriefs-Internetsendung zu aktuellen Entwicklungen in der Standardsetzung am 27. März 2013 sein.

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