AASB-Papier zur Bilanzierung von Schulden

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15.10.2013

Der australische Standardsetzer (Australian Accounting Standards Board, AASB) hat ein Papier mit einer konzeptionellen Analyse der Kernsachverhalte im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Schulden veröffentlicht. Der Autor des Papiers spricht sich für eine breit angelegte Definition von Schulden, die Erfassung von Schulden allein auf Grundlage dieser Definition und nicht auf Grundlage separater Erfassungskriterien und die Bewertung von Schulden zu Gegenwartswerten beim erstmaligen Ansatz und in den meisten Folgeperioden aus.

Das Papier ist die erste Nummer einer neuen Reihe mit dem Titel AASB Occasional Paper, die vom neu eingerichteten Forschungszentrum des AASB herausgegeben wird und die detaillierten Erwägungen von Rechnungslegungssachverhalten gewidmet ist, die die Debatte anstoßen und Gedankenführerschaft demonstrieren soll. Das nun veröffentlicht erste Papier der Reihe mit dem Titel Schulden - Das vernachlässigte Element: Eine konzeptionelle Analyse der Finanzberichterstattung über Schulden wurde von Warren McGregor verfasst, Mitglied des IASB von dessen Gründung bis 2011 und unabhängiger Finanzberichterstattungsberater.

McGregor erläutert in seinem Papier, dass historisch der Schwerpunkt von Standardsetzern und anderen involvierten Parteien immer auf Vermögenswerten gelegen habe, was am Wesen mancher Schulden und den manchmal nicht intuitiven Auswirkungen der Bewertung von Schulden zu Gegenwartswerten liegen könne (wenn beispielsweise höhere Abzinsungssätze zu geringerer Schuldenerfassung führt oder wenn man die Auswirkungen der Anpassungen in Bezug auf geänderte Kreditrisiken bedenkt). Insbesondere hält McGregor Folgendes hinsichtlich Schulden fest, die nicht aus Leistung und Gegenleistung resultieren:

Im Gegensatz zu den meisten Vermögenswerten entstehen Schulden oft ohne dass Leistung und Gegenleistung vorliegen. Beispielsweise sind das Verbindlichkeiten aus Rechtsfällen, aus der Entsorgung oder Stilllegung von Vermögenswerten, aus Steuern, aus Sozialstrategien oder aus dem Erhalt von Zuwendungen der öffentlichen Hand. Es gibt keinen entsprechenden Zufluss (oder genauer 'keine Gegenleistung') in Bezug auf diese Schulden. [...] Die Beurteilung ob und die Feststellung, wann eine Verpflichtung in Bezug auf nicht auf Leistung und Gegenleistung basierende Schulden entsteht und also auch deren Bewertung ist manchmal hochproblematisch.

Wegen der verschiedenen Schwierigkeiten, die sich zeigen, bleiben nach Meinung von McGregor viele Sachverhalte ungelöst, und die Schlussfolgerungen, zu denen man gelange, seien oft nicht konsistent, und es fehle ihnen an "konzeptioneller Schärfe". Daher bemüht sich der Autor, in seinem Papier die wesentlichen Sachverhalte in Bezug auf die Definition, den Ansatz und die Bewertung von Schulden zu adressieren, und er widmet sich   auch den Angabefragen, die sich daraus ergeben. In Bezug auf die Definition einer Schuld spricht sich McGregor für die jüngste Definition von IASB und FASB aus, nach der "eine Schuld eines Unternehmens eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung ist, auf die das Unternehmen verpflichtet ist", die er für das Spiegelbild der Definition eines Vermögenswerts hält, nach der ein Vermögenswert "eine gegenwärtige wirtschaftliche Ressource ist, auf die das Unternehmen ein Recht oder einen anderen Zugang hat, den Andere nicht haben". In dem Papier werden verschiedene schuldenbezogene Projekte des IASB, des FASB und des IPSASB untersucht und einige Sachverhalte im Zusammenhang mit dem Wesen von Verpflichtungen, der Frage, wann ein Unternehmen Verpflichtungen eingeht, den Konzepten rechtlicher und faktischer Verpflichtungen und die zusätzlichen Schwierigkeiten angesprochen, die im Fall der Ermittlung des Bestehens einer Verpflichtung bei nicht auf Leistung und Gegenleistung basierenden Transaktionen sowohl im Privat- als auch im öffentlichen Sektor auftreten. In dem Zusammenhang geht McGregor auf solche Themen wie Bilanzierung von Abgaben, Emissionshandelsprogramme, Preisregulierung, Schulden aus Rechtsangelegenheiten, verfallbare Leistungen an Arbeitnehmer und das Zusammenwirken des Bestehens einer Schuld mit dem Ansatz und der Wertminderung von Vermögenswerten, der Einführung des Erfüllungspflichtkonzepts im Erlöserfassungsprojekt und das unbedingte Wesen von Optionen ein.

Im Zusammenhang mit der Erfassung von Schulden wendet sich McGregor wieder der bestehenden Literatur mit dem Schwerpunkt auf dem Wahrscheinlichkeitskriterium für den Ansatz und dem Verlässlichkeitskriterium für die Bewertung zu, die derzeit in vielen Rahmenkonzepten angewendet werden. Er kommt zu dem Schluss, dass das Kriterium der Wahrscheinlichkeit in Bezug auf den Ansatz zu einer "Klippenrandbilanzierung" führt, die keine konzeptionelle Grundlage aufweist, während er das Kriterium der verlässlichen Bewertung "weniger krass" sei. Dennoch ist McGregor der Meinung, dass zusätzliche Ansatzkriterien nicht notwendig sind:

Bedenken hinsichtlich der verlässlichen Bewertung oder der getreuen Darstellung entstehen aus Unsicherheiten in Bezug auf den Betrag und den Zeitpunkt künftiger Ressourcenübertragungen, und ich glaube, man kann diesen Bedenken durch die Auswahl einer sachgerechten Bewertungsgrundlage und der Angabe entsprechender Informationen in Bezug auf den Bewertungsprozess eher entgegentreten als dadurch, dass man gar keine Schuld ansetzt.

McGregor wendet sich dann der Bewertung zu und untersucht, was die richtigen Merkmale für die Identifizierung einer Verpflichtung sein sollten und wie auf welcher Grundlage die Verpflichtung korrekterweise bewertet werden sollte. Er stellt dabei die Konzepte 'Schuld' und 'abgegrenzte Erträge' gegenüber und argumentiert, dass das zweite konzeptionell nicht zu halten ist und dass "Transaktionen, die Erlöse (oder Erträge) erzeugen, beim erstmaligen Ansatz im Einklang mit der Definition von Schulden bilanziert werden sollten", wobei man sich auf die Bewertung verlassen sollte, um sicherzustellen, dass eine sachgerechte Risikomarge in der Periode erfasst wird, in der das Unternehmen seine Verpflichtung erfüllt. McGregor hält fest, dass die Bewertungsgrundlage für den erstmaligen Ansatz einer Schuld Gegenwartswerte sein sollten. Dabei betrachtet er Abgangspreise (beizulegender Zeitwert), 'historische Erlöse' (Zugangspreis) und unternehmensspezifische Werte als mögliche Ansätze zur Bestimmung des Gegenwartswerts, bevor er den Abgangspreis als "die umfassendste und objektivste Bewertung einer Schuld" empfiehlt.

Beim Thema der Folgebewertung von Schulden spricht sich McGregor für eine "aktuelle Bewertungsgrundlage für alle Schulden, sowohl beim erstmaligen Ansatz als auch nachfolgend" aus, bevor er anerkennt, dass eine kostenbasierte Bewertung aus Kosten-Nutzen-Gründen für einige Schulden sachgerecht sein könnte und dass "es eine große Menge Widerstand gegen die Anwendung des Abgangspreises bei der Bewertung von Schulden nach ihrem erstmaligen Ansatz gibt". Er verweist dabei auf Bedenken hinsichtlich des Übertragungswerts und die Aufnahme des Leistungsausfallrisikos. McGregor hält auch fest, dass er ein 'Erfüllungswertkonzept' nicht unterstützt. Stattdessen argumentiert er, dass ein unternehmensspezifischer Wert verwendet werden sollte, wo ein Abgangspreis als nicht passend oder inakzeptabel für die Folgebewertung angesehen wird; er widmet sich detailliert den 'Bausteinen' der Bewertung bei jedem dieser Konzepte.

Zum Schluss werden in dem Papier die verschiedenen Angaben erwogen, die im Kontext der Empfehlungen und Sichtweisen aus dem Papier berücksichtigt werden sollten. Schwerpunkt der Ausführungen sind die Themen Unsicherheit, bedingte Verpflichtungen und Unsicherheit im Zusammenhang mit Schätzungen, bevor McGregor empfiehlt, dass "Standardsetzer bei der Änderung von vorgeschriebenen Angaben auf Grund der Wahrnehmung, dass die Angaben nachteilig für eine Berichtseinheit sein könnten, extreme Vorsicht walten lassen sollten".

Sie können sich das englischsprachige Forschungspapier direkt von der Internetseite des AASB herunterladen.

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