Rechnungslegungserwägungen vor dem Hintergrund des Status von Venezuela als hochinflationäre Volkswirtschaft

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10.04.2014

Seit 2010 wird Venezuela als Hochinflationsland eingestuft. Im November 2013 berichtete die International Practices Task Force (IPTF) des Zentrums für Prüfungsqualität (Center for Audit Quality, CAQ) des US-amerikanischen Instituts der Wirtschaftsprüfer (American Institute of Certified Public Accountants, AICPA), dass die kumulative Inflationsrate über drei Monate hinweg für Venezuela 2012 95% betrug und für 2013 auf 124% geschätzt wird. Die venezolanische Regierung hat verschiedene Mechanismen für die Bestimmung des Wechselkurses zwischen dem venezolanischen Bolívar fuertes (BsF) und dem US-amerikanischen Dollar (USD) eingerichtet. Dies führt zu Fragen der Rechnungslegung in Umfeldern mit multiplen Wechselkursen.

Die venezolanische Kommission für die Beaufsichtigung des Wechselkurses (Comisión de Administración de Divisas, CADIVI) hat bis vor Kurzem den An- und Verkauf von Devisen in Venezuela kontrolliert und einen offiziellen Wechselkurs festgesetzt. 2013 gestattete die venezolanische Regierung bestimmten Unternehmen in bestimmten Branchen, eine begrenzte Anzahl von Bolívar gegen Dollar zu einem Kurs zu tauschen, der in wöchentlichen Auktionen innerhalb eines SICAD 1 genannten Systems bestimmt wird. Im Februar 2014 kündigte die venezolanische Regierung Pläne für einen weitere Wechselkursbestimmungmechanismus an (SICAD 2), der eher einen marktbestimmten Wechselkurs ergeben soll als die anderen bestehenden Mechanismen. All diese Mechanismen führen zu sehr unterschiedlichen Wechselkursen, die vom offiziellen Kurs von 6,3 BsF für 1 USD bis zum SICAD 2-Kurs von 50,86 BsF für 1 USD (Stand 31. März 2014) reichen.

Zu den Rechnungslegungserwägungen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, gehören die folgenden:

  • Neubewertung in einem Umfeld mit multiplen Wechselkursen. Unternehmen haben den vorher angewendeten Wechselkurs für Neubewertungen neu zu bestimmen und den am ehesten sachgerechten Kurs (oder die am ehesten sachgerechten Kurse) festlegen. Die Festlegung einer Auswahl von Wechselkursen sollte auf den Tatsachen und Umständen des betreffenden Unternehmens besieren und wird erhebliche Ermessensentscheidungen beinhalten. Daher sollte das Unternehmen die Tatsachen und Umstände, die es bei der Bestimmung des Wechselkurses oder der Wechselkurse für die Neubewertung berücksichtigt hat, klar dokumentieren.
  • Erwägungen im Zusammenhang mit der Gliederung der Bilanz nach Fristigkeit. Unternehmen mit nach Fristigkeit gegliederten Bilanzen sollten erwägen, ob vor dem Hintergrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage die Klassifizierung von bestimmten monetären Vermögenswerten, die in BsF denominiert sind, als kurzfristig noch sachgerecht ist.
  • Erwägungen in Bezug auf Entkonsolidierung und Wertminderung. Volumenbegrenzungen in Bezug auf Wechselaktivitäten in Venezuela (explizit oder de facto) in Zusammenhang mit der Unsicherheit, eine Genehmigung für den Wechsel innerhalb der geltenden Mechanismen zu erhalten, kann auf eine nicht nur vorübergehende Einschränkung der Wechselmöglichkeit im Zusammenhang mit venezolanischen Geschäftsbetrieben hindeuten. Ebenso können die Wirtschafts- und Geschäftstätigkeitsunsicherheiten in Venezuela auf eine nicht nur vorübergehende Wertminderung hinweisen.
  • Angaben. Es besteht die Notwendigkeit belastbarer Angaben im Anhang, in der Beschreibung der Geschäftstätigkeit, der Beschreibung der Risikofaktoren und im Lagebericht. Unternehmen sollten außerdem ihre Schlussfolgerungen in Bezug auf die Bilanzierung und die dahinter stehenden Gründe klar offenlegen.

Unsere US-amerikanischen Kollegen haben einen Financial Reporting Alert verfasst, in dem Bilanzierungs- und Angabefragen im Zusammenhang mit Venezuela beleuchtet werden. Obwohl der Alert auf US-GAAP abstellt, enthält die Publikation viele Erwägungen, die auch im Zusammenhang mit der Berichterstattung nach IAS 29 Rechnungslegung in Hochinflationsländern gelten, der anzuwenden ist, wenn die funktionale Währung eines Unternehmens die eines Landes mit ausgepräger Hochinflation ist, und in dem vorgeschrieben wird, dass Abschlüsse (und Vergleichszahlen) eines Unternehmens, dessen funktionale Währung die Währung eines Landes mit ausgeprägter  Hochinflation ist, angepasst in Bezug auf die Änderungen in der Kaufkraft der Währung neu darzustellen sind. Viele der Erwägungen können auch auf Situationen in Weißrussland, dem Iran, dem Südsudan, dem Sudan, der Demokratischen Republik Kongo und Äthiopien übertragen werden, die laut IPTF ebenfalls als hochinflationär anzusehen sind.

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