In seiner Rede nahm Hoogervorst vor allem die Rechnungslegung im Kontext der Finanzmarktkrise ins Visier. Da die G-20 und die Beratungsgruppe zur Finanzmarktkrise (Financial Crisis Advisory Group, FCAG), die 2009 eingerichtet worden war, um IASB und FASB zu beraten, die Boards zur Erreichung verinheitlichter Lösungen und eines einzigen Satzes qualitativ hochwertiger Bilanzierungsstandards in der Welt aufgerufen hatten, arbeiteten IASB und FASB gemeinsam an diesem Thema.
Im November 2009 hatte der IASB IFRS 9 Finanzinstrumente herausgegeben, mit welchem neue Vorschriften zur Klassifizierung und Bewertung finanzieller Vermögenswerte eingeführt wurden. Dem folgten im Oktober 2010 weitere Vorschriften zur Bilanzierung finanzieller Verbindlichkeiten, die zusammen mit den Ansatzvorschriften für Finanzinstrumente aus IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung im Kern unverändert übernommen wurden. Die einzige wesentliche Änderung betraf die Behandlung des Problems des eigenen Kreditrisikos. Damit war die erste Phase seines umfassenden Projekts zu Finanzinstrumenten abgeschlossen. Im November 2013 schloss der IASB dann mit der Veröffentlichung von Vorschriften das dritte Teilprojekt ab, mit denen ein neues allgemeines Bilanzierungsmodell für Sicherungsbeziehungen in IFRS 9 eingeführt wurde.
Die zweite Teilprojektphase zu Wertminderungen und Risikovorsorge wurde gemeinsam mit dem FASB angegangen. Gegenwärtig sehen sowohl die IFRS als auch die US-amerikanischen Rechnungslegungsgrundsätze ein Modell der eingetretenen Verluste vor. Wie Hoogervorst in seiner Rede erläuterte, wurde diesem Modell während der Finanzmarktkrise vorgeworfen, 'zu wenig [Wertberichtigungen] zu spät' zu erfassen. Daher hatten die beiden Boards an der Entwicklung eines einzigen Wertminderungsmodells gearbeitet, bei dem Wertberichtigungen für alle Finanzinstrumente, die auf Wertminderungen zu prüfen sind, au die gleiche Weise bemessen würden. Dies führte zur Entwicklung des sog. Modells der erwarteten Kreditverluste.
Im Januar 2012 hatten sich IASB und FASB ferner zur Zusammenarbeit verständigt, um die Angleichung ihrer jeweiligen Vorschriften zur Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten voranzutreiben. Dafür nahm der IASB ein Projekt in sein Arbeitsprogramm auf, mit dem begrenzte Änderungen an den Vorschriften, die man 2009 und 2010 herausgegeben hatte und die geeignet schienen, Bedenken auf Seiten des FASB hinsichtlich dieser Vorschriften zu adressieren, vorgenommen würden.
Wie Hoogervorst allerdings weiter betonte, führten die Konvergenzbemühungen – obgleich sie zwischenzeitlich vielsprechend erschienen – letzten Endes nicht zum Erfolg:
Eine zentrale Empfehlung von FCAG und G-20 haben wir nicht erreicht, und zwar auf dem Gebiet der Vereinheitlichung der Finanzinstrumentestandards von IASB und FASB. Zu Klassifizierung und Bewertung, Aufrechnung in der Bilanz und auch zu Wertminderungen hatten wir zu einem Punkt eine vereinheitlichte Position mit dem FASB erreicht. Was die Aufrechnung in der Bilanz und höchstwahrscheinlich auch die Klassifizierung und Bewertung angeht, fiel der FASB schlussendlich auf die bestehende Praxis in den USA zurück. Wir haben es auch nicht geschafft, eine vereinheitlichte Lösung bei Wertminderungen zu erzielen, was eine der Kernempfehlungen der FCAG darstellte. |
Die Enttäuschung hinsichtlich der mangelnden Konvergenz brachte Hoogervorst, der Indien zu Beginn seiner Rede dazu ermuntert hatte, sich alsbald in Richtung IFRS zu bewegen, zur Äußerung seiner Überzeugung, dass nur die Übernahme der IFRS zu einem einzigen Satz qualitativ hochwertiger Bilanzierungsstandards in der Welt führen könne:
Dieses Unvermögen, passende Ergebnisse mit dem FASB zu liefern, zeigt ganz klar die inhärente Instabilität von Konvergenz als Maßnahme der Erreichung eines einzigen Satzes an Bilanzierungsstandards in der Welt. Aus diesem Grund sind unsere Treuhänder zu dem weisen Schluss gelangt, dass Konvergenz nie ein Ersatz für eine Übernahme der IFRS sein kann. Gott sei Dank hat der Schwung in Richtung einer Übernahme auch über die Finanzmarktkrise hinweg in vielen Ländern unvermindert angehalten. |
Den vollständigen Text von Hoogervorsts Rede können Sie auf der Internetseite des IASB einsehen.