IASB veröffentlicht neuen Standard zur Bilanzierung von Versicherungsverträgen

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18.05.2017

Der International Accounting Standards Board (IASB) hat IFRS 17 'Versicherungsverträge' veröffentlicht. Der neue Standard verfolgt das Ziel einer konsistenten, prinzipienbasierten Bilanzierung für Versicherungsverträge und erfordert eine Bewertung von Versicherungsverbindlichkeiten mit einem aktuellen Erfüllungswert. Dies führt zu einer einheitlicheren Bewertung und Darstellung aller Versicherungsverträge. IFRS 17 ist verpflichtend anzuwenden für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2021 beginnen, und ersetzt IFRS 4 'Versicherungsverträge'. Eine vorzeitige Anwendung von IFRS 17 ist gestattet, sofern IFRS 15 'Erlöse aus Verträgen mit Kunden' und IFRS 9 'Finanzinstrumente' ebenfalls angewendet werden.

 

Hintergrund

Das Projekt begann als IASB-Projekt zur Überprüfung der Bilanzierung von Versicherungsverträgen. Der IASB hat das Projekt von seiner Vorgängerorganisation übernommen, die ein entsprechendes Projekt 1997 angestoßen hat, und es im September 2001 seiner eigenen Agenda hinzugefügt. Während der letzten 16 Jahre war das Projekt auch bekannt als „IFRS 4 Phase II“.

Die Zielsetzung des Board war eine Entwicklung eines allgemeinen Standards von hoher Qualität, welcher die Grundsätze in Bezug auf den Ansatz, die Bewertung, den Ausweis und die Angaben für Versicherungsverträge regelt. Im Februar 2014 entschied sich der FASB, die Zusammenarbeit in Bezug auf Versicherungsverträge mit dem IASB aufzugeben, die im Oktober 2008 aufgenommen worden war. Stattdessen richtete der FASB seine künftigen Bemühungen auf eine gezielte Verbesserung des unter US-GAAP bestehenden Modells zur Bilanzierung von Versicherungsträgen.

Der IASB veröffentlichte im Mai 2007 ein Diskussionspapier und im Juli 2010 den ersten Standardentwurf ED/2010/8 Versicherungsverträge. Ein zweiter, überarbeiteter Standardentwurf ED/2013/7 Versicherungsverträge wurde am 20. Juni 2013 veröffentlicht. Der IASB schloss seine Beratungen im Februar 2016 ab, und die letzten Änderungen wurden im Februar 2017 auf Basis der Ergebnisse der Feldversuch im Sommer 2016 vorgenommen.

 

Anwendungsbereich

In den Anwendungsbereich des IFRS 17 Versicherungsverträge fallen:

  • Versicherungsverträge und aktive Rückversicherungsverträge;
  • passive Rückversicherungsverträge; und
  • Kapitalanlageverträge mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung, die ein Unternehmen im Bestand hält, vorausgesetzt, dass das Unternehmen ebenso Versicherungsverträge ausgibt.

Veränderungen des Anwendungsbereichs im Vergleich mit IFRS 4:

  • Die Anforderung, dass ein Unternehmen Versicherungsverträge ausgeben muss, damit IFRS 17 auf Kapitalanlageverträge mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung anzu-wenden ist.
  • Die Möglichkeit IFRS 15 Erlöse aus Verträgen mit Kunden auf Verträge gegen festes Entgelt anzuwenden, vorausgesetzt bestimmte Kriterien sind erfüllt.

 

Aggregationsniveau

IFRS 17 erfordert die Identifikation von Portfolien von Versicherungsverträgen, die aus Verträgen bestehen, die ähnliche Risiken aufweisen und gemeinsam gesteuert werden. Jedes Portfolio ausgegebener Versicherungsverträgen ist dabei zumindest zu untergliedern in:

  • eine Gruppe von belastenden Verträgen bei Zugang (soweit vorhanden),
  • eine Gruppe von Verträgen, bei denen keine signifikante Wahrscheinlichkeit bei Zugang gegeben ist, dass diese belastend werden (soweit vorhanden) und
  • eine Gruppe, welche die verbleibenden Verträge eines Portfolios umfasst (soweit vorhanden).

Verträge, die mit mehr als einem Jahr Abstand voneinander ausgegeben wurden, sollen nicht gemeinsam in eine Gruppe von Versicherungsverträgen aufgenommen werden. Wenn Verträge innerhalb eines Portfolios nur dann in verschiedene Gruppen fallen würden, weil Gesetze oder Vorschriften die tatsächliche Fähigkeit des Unternehmens einschränken, einen anderen Preis oder ein anderes Profitabilitätslevel für Versicherungsnehmer mit unterschiedlichen Charakteristika festzulegen, kann das Unternehmen diese Verträge derselben Gruppe zuordnen.

 

Überblick über das neue Rechnungslegungsmodell

Nach IFRS 17 werden Versicherungsverträge entweder nach dem allgemeinen Modell oder nach dem premium allocation approach bewertet. Das allgemeine Modell legt fest, dass ein Unternehmen eine Gruppe von Versicherungsverträgen bei erstmaligem Ansatz als die Summe aus (a) dem Betrag des Erfüllungswerts (fulfilment cash flows, FCF) und (b) der vertraglichen Servicemarge (contractual service margin, VSM) zu ermitteln hat. Die FCF setzen sich zusammen aus der wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzung der zukünftigen Zahlungsströme, einer Anpassung hinsichtlich des Zeitwerts des Geldes und den finanziellen Risiken, die mit den zukünftigen Zahlungsströmen verbunden sind, sowie einer risikobedingten Anpassung in Bezug auf die nicht-finanziellen Risiken.

Bei der Folgebewertung ergibt sich der Buchwert einer Gruppe von Versicherungsverträgen zum Ende einer Berichtsperiode als Summe aus der Verbindlichkeit für zukünftigen Versicherungsschutz und der Verbindlichkeit für eingetretene Schäden. Die Verbindlichkeit für zukünftigen Versicherungsschutz bildet die FCF, die sich auf zukünftige Leistungen beziehen und die VSM der Gruppe zu diesem Zeitpunkt ab. Die Verbindlichkeit für eingetretene Schäden umfasst die FCF, die sich auf vergangene Leistungen beziehen und der Gruppe zu diesem Zeitpunkt zugeordnet wurden.

Die Bewertung einer Gruppe von Versicherungsverträgen kann durch die Anwendung des premium allocation approach (PAA) vereinfacht werden. Diese Vereinfachung kann bei erstmaligem Ansatz einer Gruppe in Anspruch genommen werden, wenn ein Unternehmen vernünftigerweise davon ausgehen kann, dass die Anwendung des PAA zu einer Bewertung der Verbindlichkeit für zukünftigen Versicherungsschutz führt, die sich nicht wesentlich von derjenigen unterscheidet, die aus dem allgemeinen Modell hervorgehen würde, oder wenn der Deckungszeitraum jedes Vertrags in der Gruppe nicht mehr als ein Jahr beträgt.

 

Darstellung in der Gesamtergebnisrechnung

Ein Unternehmen hat die in der Gesamtergebnisrechnung erfassten Beträge in ein versicherungstechnischen Ergebnis, bestehend aus dem versicherungstechnischen Umsatz sowie den versicherungstechnischen Aufwendungen, und versicherungstechnische Finanzerträge und -aufwendungen zu untergliedern. Erträge und Aufwendungen aus passiven Rückversicherungsver-trägen sind getrennt von den Erträgen und Aufwendungen der ausgegebenen Versicherungsverträge auszuweisen.

In der GuV hat ein Unternehmen versicherungstechnische Umsätze aus den Gruppen ausgegebener Versicherungsverträge auszuweisen und versicherungstechnische Aufwendungen von einer Gruppe ausgegebener Versicherungsverträge, welche eingetretene Schäden und andere versiche-rungstechnischen Aufwendungen umfassen. Versicherungstechnische Umsätze und Aufwendungen beinhalten keine Kapitalanlagekomponenten.

 

Zeitpunkt des Inkrafttretens

IFRS 17 ist verpflichtend anzuwenden für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2021 beginnen. Eine vorzeitige Anwendung des IFRS 17 ist gestattet, sofern IFRS 15 Erlöse aus Verträgen mit Kunden und IFRS 9 Finanzinstrumente ebenso angewendet werden.

 

Übergangsvorschriften

Grundsätzlich ist IFRS 17 retrospektiv anzuwenden, es sei denn, dies ist nicht durchführbar. Dann – und nur dann – wenn eine retrospektive Anwendung des IFRS 17 nicht durchführbar ist, hat ein Unternehmen stattdessen entweder den modifizierten retrospektiven Ansatz (modified retrospective approach) oder den Fair-Value-Ansatz (fair value approach) anzuwenden.

Unternehmen, die bei erstmaliger Anwendung des Standards IFRS 9 bereits anwenden, können diejenigen finanzielle Vermögenswerte neu designieren und umklassifizieren, die in Bezug auf Tätigkeiten gehalten werden, welche mit Verträgen im Anwendungsbereich des IFRS 17 zusammenhängen.

 

Weiterführende Informationen

Internetseite des IASB

IAS Plus

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