Starke Botschaften gegen europäische Carve-Ins und Carve-Outs bei der Festveranstaltung des DRSC

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03.07.2018

Am 2. Juli 2018 feierte das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) sein 20-jähriges Bestehen mit einer Festveranstaltung in Berlin mit offiziellen Ansprachen und einer Grundsatzrede von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und nationaler und internationaler Normung sowie mit zwei Podiumsdiskussionen zur Finanzberichterstattung in Zeiten des Wertewandels und sprunghafter technologischer Entwicklungen.

Die Begrüßung durch Prof. Dr. Dieter Truxius, stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats des DRSC und einer der führenden deutschen Experten für Rechnungslegung und Controlling in deutschen Familienunternehmen, zeigte bereits eine klare Botschaft, die in allen Vorträgen und Diskussionen wieder auftauchen würde. Er stellte fest, dass die deutsche Industrie Vorschläge, die zu einer Änderung der IFRS während des EU-Endorsement-Prozesses oder sogar nach deren Übernahme führen könnten, äußerst kritisch beurteilt. Truxius wies auf das Potenzial schwerwiegender negativer Folgen für alle in der EU ansässigen und international tätigen Unternehmen hin:

  • Europäischen Unternehmen könnte in letzter Konsequenz der Ausschluss von den globalen Kapitalmärkten drohen.
  • Europas Einfluss auf die Entwicklung der IFRS könnte abnehmen.
  • Europäische Unternehmen, deren Anteile an verschiedenen Handelsplätzen gelistet sind, könnten mit höheren Kosten konfrontiert werden, sollten sie künftig ihre Abschlüsse nach IFRS und nach EU-IFRS erstellen müssen.

Er schloss: "Derartige Tendenzen führen zu Disparitäten in der internationalen Rechnungslegung und verhindern die länderübergreifende Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Meine Damen und Herren, diesem Trend sollten wir entschieden begegnen."

Auch Dr. Katarina Barley, Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, griff das Thema auf und stellte fest, wie wichtig es ist, dass international tätige Unternehmen eine gemeinsame Rechnungslegungssprache haben. Jean-Paul Gauzès, Präsident der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), verwies auf die lange und vertrauensvolle Beziehung zwischen dem DRSC und EFRAG, die seit 2001 gemeinsam für das europäische Gemeinwohl arbeiten.

Die Festansprache, mit der sich die Veranstaltung dem Motto des Nachmittags zuwendete, hielt Melanie Kreis, Chief Financial Officer, Deutsche Post DHL Group. Sie sprach über "Finanzberichterstattung im Spannungsfeld von unternehmerischem Handeln und gesellschaftlichem Wandel" und gab Einblicke in die vorzeitige Anwendung von IFRS 16 durch den Konzern, die nicht-finanzielle Berichterstattung und insbesondere und Carbon Accounting, die Bilanzierung und Wertminderung von Geschäfts- oder Firmenwerten sowie die Digitalisierung. Dennoch griff auch sie den EU-Fitness-Check auf und stellte fest, dass nicht nur die Familienunternehmen, sondern auch die großen börsennotierten Konzerne in Deutschland gegen mögliche Carve-ins und Carve-outs sind. Ihre klare Botschaft zu allen Themen, über die sie sprach, lautete: "Denken Sie alles immer bis zum Ende durch, denken Sie an die Auswirkungen für die Unternehmen, die schlussendlich mit dem Ergebnis leben müssen".

Die beiden anschließenden Podiumsdiskussionen zeigten eine interessante Kombination von Teilnehmern. Ein Mitglied des Bundestages, ein CFO, eine NGO-Vertreterin und ein Wirtschaftsprüfer diskutierten "Verhaltenssteuerung durch CSR-Berichtsanforderungen - Wo endet der Zweck des Finanzberichts?". Einerseits wurde festgestellt, dass viele Berichte über ESG-Themen im Prinzip hohle Phrasen sind, andererseits wurde aber auch angemerkt, dass die Sichtbarkeit und das Bewusstsein für diese Informationen nicht nur nach außen, sondern auch innerhalb der Unternehmen zugenommen haben. Ob Berichtspflichten zur Verhaltensänderung genutzt werden könnten und sollten, wurde kontrovers diskutiert. Die Aussagen reichten von der bedeutenden Rolle der Finanzmärkte bei der Erzielung von Nachhaltigkeit bis hin zur Warnung vor einer überforderten Berichterstattung mit einer Inflation zusätzlicher Anforderungen. Bewertung/Messbarkeit (und damit Prüfbarkeit) und Wesentlichkeit wurden ebenfalls ausführlich diskutiert, wobei der Unterschied zwischen Wesentlichkeit für ein Unternehmen und Wesentlichkeit für die Gesellschaft insgesamt besonders hervorgehoben wurde.

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion diskutierten der IASB-Vorsitzende, ein CAO eines digitalen Unternehmens, eine Vertreterin von ESMA und ein Professor für Rechnungslegung "Digital Reporting vs. Reporting in a Digital World". Schon die Eröffnungsrunde der Fragen zeigten sich die vielen Facetten des Themas, wobei sich einige Einblicke in das bereits Mögliche fast als beängstigend erweisen. Fragen rund um XBRL beherrschten die Diskussion darüber, was derzeit getan wird, wobei auf Vergleichbarkeit im Kontext mit Block-Tagging, detailliertem Tagging und der Verwendung von XBRL-Erweiterungen eingegangen wurde. Eine provozierende Anmerkung war, dass vor dem Hintergrund der technoloischen Entwicklungen, XBRL inzwischen eventuell nicht mehr mehr als eine Zwischenlösung sein könne. Es wurde auch festgestellt, dass infolge der zunehmenden Digitalisierung die Informationsüberlast nicht mehr so problematisch sei und Wesentlichkeitsfragen möglicherweise anders gestellt werden müssen. Es wurde auch gewarnt, dass zwar immer mehr Informationen elektronisch und somit schneller verarbeitet werden könnten, dass aber das Verstehen von Mustern und Treibern nicht einfacher geworden ist. Es wurde gefragt, ob und wann ein Punkt kommt, an dem man einem Urteil von Maschinen mehr vertrauen als einem Urteil der Unternehmensleitung und ob irgendwann die Berichterstattung und die Auswertung von Finanzinformationen zu einem Spiel von "Watson gegen Watson" werden würden. Ein wichtiger Aspekt in der gesamten Diskussion war auch die Frage, was berichtet wird, da Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen große Mengen an immateriellen Vermögenswerten haben, die sie in ihren Abschlüssen nicht zeigen können. Hier wurde ein eindeutiger Mangel in der gegenwärtigen Berichterstattung ausgemacht.

Ein informeller Meinungsaustausch zwischen den zahlreichen nationalen und internationalen Gästen, darunter Vertreter der Standardsetzer aus den USA, Kanada, Australien, Japan und Hongkong, schloss die Veranstaltung ab.

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