IAS 12

IAS 12 Ertragsteuern

 

Überblick

Mit IAS 12 Ertragsteuern wird eine sogenannte 'umfassende Bilanzmethode' zur Bilanzierung von Ertragsteuern umgesetzt, nach der sowohl die gegenwärtigen Steuerauswirkungen von Geschäftsvorfällen und Ereignissen als auch die die künftigen Steuerauswirkungen von der künftigen Realisierung oder Erfüllung von Buchwerten der Vermögenswerte und Schulden eines Unternehmens erfasst werden. Differenzen zwischem dem Buchwert und dem Steuerwert und vorgetragene Steuerverluste- und ansprüche werden mit geringen Ausnahmen als Schulden oder Vermögenswerte aus latenten Steuern angesetzt, wobei letztere auch einer Überprüfung auf Wahrscheinlichkeit unterliegen.

IAS 12 wurde im Oktober 1996 erneut herausgegeben und ist auf Berichtsperioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 1998 beginnen.

 

Entstehungsgeschichte von IAS 12

April 1978 Entwurf E13 Rechnungslegung für Steuern auf den Ertrag
Juli 1979 IAS 12 Rechnungslegung für Steuern auf den Ertrag
Januar 1989 Entwurf E33 Rechnungslegung für Steuern auf den Ertrag
1994 IAS 12 (1979) wurde neu formatiert
Oktober 1994 Geändert und neu herausgegeben als Entwurf E49 Ertragsteuern
Oktober 1996 IAS 12 Ertragsteuern
1. Januar 1998 Zeitpunkt des Inkrafttretens von IAS 12 (1996)
Oktober 2000 Begrenzte Überarbeitung zu IAS 12
1. Januar 2001 Zeitpunkt des Inkrafttretens von IAS 12 (2000) Ertragsteuern
31. März 2004 Änderungen im Rahmen des Verbesserungsprojekts
März 2009 Entwurf begrenzter Änderungen an IAS 12 in Bezug auf die Rückgewinnung der zugrunde liegenden Vermögenswerte
20. Dezember 2010 begrenzte Änderung an IAS 12 in Bezug auf die Rückgewinnung der zugrunde liegenden Vermögenswerte (weitere Informationen)
1. Januar 2012 Datum des Inkrafttretens der Änderungen vom Dezember 2010
19. Januar 2016 geändert durch Ansatz latenter Steueransprüche für unrealisierte Verluste
1. Januar 2017 Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen vom Januar 2016
7. Juni 2017 IFRIC 23 Unsicherheit bezüglich der ertragsteuerlichen Behandlung herausgegeben
12. Dezember 2017 IAS 12 im Rahmen des jährlichen Verbesserungsprojekts 2015-2017 geändert
1. Januar 2019 Zeitpunkt des Inkrafttretens von IFRIC 23 und der Änderungen vom Dezember 2017
7. Mai 2021 geändert durch Latente Steuern, die sich auf Vermögenswerte und Schulden beziehen, die aus einer einzigen Transaktion entstehen (Änderungen an IAS 12)
1. Januar 2023 Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen vom Mai 2021 und vom Mai 2023
23. Mai 2023 geändert durch Internationale Steuerreform — Säule-2-Modellregeln (Änderungen an IAS 12) — die Änderungen beinhalten eine Ausnahme von den Vorschriften in diesem Standard, nach der ein Unternehmen keine aktiven und passiven latenten Steuern im Zusammenhang mit den Ertragsteuern der zweiten Säule der OECD bilanziert und keine Angaben dazu leistet

 

Relevante Interpretationen

 

Geplante Änderungen durch den IASB

 

Zusammenfassung von IAS 12

Zielsetzung von IAS 12

Das Ziel von IAS 12 (überarbeitet 1996) ist die Regelung der Bilanzierung von Ertragsteuern.

 

Wichtige Definitionen

Temporäre Differenzen: Unterschiedsbeträge zwischen dem Buchwert eines Vermögenswertes oder einer Schuld in der Bilanz und seinem Steuerwert. [IAS 12.5]

Zu versteuernde temporäre Differenzen: Ein temporärer Unterschied, der zu steuerpflichtigen Beträgen in der Zukunft führt, wenn der Buchwert des Vermögenswertes realisiert oder die Schuld erfüllt wird. [IAS 12.5]

Abzugsfähige temporäre Differenzen: Ein temporärer Unterschied, der zu Beträgen führt, die in Zukunft abzugsfähig sind, wenn der Buchwert des Vermögenswertes realisiert oder eine Schuld erfüllt wird. [IAS 12.5]

 

Tatsächliche Ertragsteuern

Die tatsächlichen Ertragsteuern für die laufende und frühere Perioden sind in dem Umfang, in dem sie noch nicht bezahlt sind, als Schuld anzusetzen, und als Vermögenswert in dem Umfang anzusetzen, in der der bereits gezahlte Betrag den geschuldeten Betrag übersteigt. [IAS 12.12] Der in der Erstattung tatsächlicher Ertragsteuern einer früheren Periode bestehende Vorteil eines steuerlichen Verlustrücktrages ist als Vermögenswert anzusetzen. [IAS 12.13] Tatsächliche Ertragsteuerschulden und Ertragsteueransprüche sind mit dem Betrag zu bewerten, zu dem eine Zahlung an die Steuerbehörden erwartet wird, basierend auf Steuersätzen (und Steuervorschriften), die am Bilanzstichtag gelten oder in Kürze gelten werden. [IAS 12.46]

 

Ansatz von latenten Steuerschulden

Dem Grundsatz des IAS 12 nach sind für alle zu versteuernden temporären Differenzen latente Steuerschulden zu bilden. Die folgenden drei Ausnahmen bestehen beim Ansatz latenter Steuerschulden:

  • Schulden, die aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts resultieren; [IAS 12.15 (a)]
  • Schulden, die aus dem erstmaligen Ansatz eines Vermögenswertes oder einer Schuld resultieren, die nicht aus einem Unternehmenszusammenschluss stammen und zum Zeitpunkt der Transaktion weder das handelsrechtliche noch das steuerliche Ergebnis beeinflussen und zum Zeitpunkt der Transaktion nicht zu gleichen steuerpflichtigen und abzugsfähigen temporären Differenzen führen; [IAS 12.15 (b)] und
  • Schulden, die aus nicht ausgeschütteten Gewinne aus Investitionen resultieren, bei denen das Unternehmen in der Lage ist, den zeitlichen Verlauf der Umkehrung der temporären Differenzen zu bestimmen und es wahrscheinlich ist, dass sich die temporären Differenz in absehbarer Zeit nicht umkehren wird. [IAS 12.39]

 

Ansatz von latenten Steueransprüchen

Ein latenter Steueranspruch ist für alle abzugsfähigen temporären Differenzen in dem Maße zu bilanzieren, wie es wahrscheinlich ist, dass ein zu versteuerndes Ergebnis verfügbar sein wird, gegen das die abzugsfähige temporäre Differenz verwendet werden kann, es sei denn, der latente Steueranspruch stammt aus dem erstmaligen Ansatz eines Vermögenswertes oder einer Schuld zu einem Geschäftsvorfall, der: [IAS 12.24]

  • kein Unternehmenszusammenschluss ist; und
  • zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalles weder das handelsrechtliche Periodenergebnis (vor Ertragsteuern) noch das zu versteuernde Ergebnis (den steuerlichen Verlust) beeinflusst.

Ein Unternehmen hat einen latenten Steueranspruch für alle abzugsfähigen temporären Differenzen aus Anteilen an Tochterunternehmen, Zweigniederlassungen und assoziierten Unternehmen sowie Anteilen an Joint Ventures ausschließlich in dem Umfang zu bilanzieren, in dem es wahrscheinlich ist, dass sich die temporäre Differenz in absehbarer Zeit umkehren wird und dass zu versteuernde Ergebnis zur Verfügung stehen wird, gegen das die temporäre Differenz verwendet werden kann. [IAS 12.44]

Der Buchwert der latenten Steueransprüche ist zu jedem Bilanzstichtag erneut zu beurteilen und in dem Umfang zu reduzieren, in dem es nicht mehr wahrscheinlich ist, dass zu versteuerndes Einkommen für einen Teil oder den ganzen Steueranspruch erzeugt wird. Jegliche Reduzierung sollte danach in dem Umfang umgekehrt werden, in dem es wahrscheinlich wird, dass zu versteuerndes Einkommen verfügbar ist. [IAS 12.37]

Ein latenter Steueranspruch für noch nicht genutzte steuerliche Verlustvorträge oder noch nicht genutzte Steuergutschriften ist in dem Umfang zu bilanzieren, in dem es wahrscheinlich erscheint, dass zukünftig zu versteuerndes Einkommen zur Verfügung stehen wird, gegen das noch nicht genutzte Verluste oder Steuergutschriften verwendet werden können. [IAS 12.34]

 

Bewertung von latenten Steueransprüchen und Steuerschulden

Latente Steueransprüche und latente Steuerschulden sind anhand der Steuersätze zu bewerten, deren Gültigkeit für die Periode, in der ein Vermögenswert realisiert wird oder eine Schuld erfüllt wird, erwartet wird ("Liability"-Methode), basierend auf den Steuersätzen, die zum Bilanzstichtag gültig oder angekündigt sind. [IAS 12.47] Die Bewertung hat die Erwartungen des Unternehmens am Bilanzstichtag zu berücksichtigen, in welcher Weise der Buchwert der Vermögenswerte und Schulden realisiert oder erfüllt wird. [IAS 12.51]

Latente Steueransprüche und latente Steuerschulden sind nicht abzuzinsen. [IAS 12.53]

 

Ansatz von Steueraufwand oder Steuerertrag

Tatsächliche und latente Steuern sind als Ertrag oder Aufwand zu erfassen und in das Periodenergebnis einzubeziehen, ausgenommen in dem Umfang, in dem die Steuer herrührt aus: [IAS 12.58]

  • einem Geschäftsvorfall oder Ergebnis, das unmittelbar im Eigenkapital erfasst wurde; oder
  • einem Unternehmenszusammenschluss.

Wenn sich die Steuer auf Posten bezieht, die unmittelbar dem Eigenkapital gutgeschrieben oder belastet wurden, ist die Steuer ebenfalls unmittelbar dem Eigenkapital gutzuschreiben oder zu belasten. [IAS 12.61]

Wenn die Steuer aus einem Unternehmenszusammenschluss in Form eines Unternehmenserwerbs entsteht, ist sie als identifizierbarer Vermögenswert oder Schuld am Tag des Erwerbs in Übereinstimmung mit IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse anzusetzen (und berührt folglich den Geschäfts- oder Firmenwert oder den negativen Unterschiedsbetrag).

 

Steuerliche Konsequenzen von Dividenden

In manchen Ländern sind Ertragsteuern einem erhöhten oder verminderten Steuersatz unterworfen, falls der Periodengewinn nach Steuern oder die Gewinnrücklagen teilweise oder vollständig als Dividenden ausgezahlt werden. In anderen Ländern werden Ertragsteuern erstattet, falls der Periodengewinn nach Steuern oder die Gewinnrücklagen teilweise oder vollständig als Dividenden ausgezahlt werden. In diesen Fällen sind bei der Bewertung von latenten Steueransprüchen oder Steuerschulden die Steuersätze zu berücksichtigen, die auf nicht ausgeschüttete Gewinne anzuwenden sind [IAS 12.52]. Unter diesen Umständen sind die ertragsteuerlichen Konsequenzen von Dividendenzahlungen zu erfassen, wenn die Verpflichtung zur Dividendenausschüttung erfasst wird [IAS 12.52B].

IAS 10 Ereignisse nach dem Bilanzstichtag fordert Angaben und verbietet den Ansatz von Schulden für Dividenden, die nach dem Bilanzstichtag aber vor der öffentlichen Bekanntgabe vorgeschlagen und beschlossen wurden. IAS 12 fordert sowohl Angaben zu den steuerlichen Konsequenzen solcher Dividenden als auch Angaben zu der Art und den Beträgen von potentiellen ertragsteuerlichen Konsequenzen solcher Dividenden. [IAS 12.82A]

 

Darstellung

Tatsächliche Steueransprüche und tatsächliche Steuerschulden sind nur dann zu saldieren, wenn das Unternehmen ein einklagbares Recht und die Absicht zu einer Saldierung hat. [IAS 12.71]

Latente Steueransprüche und latente Steuerschulden sind nur dann zu saldieren, falls das Unternehmen ein einklagbares Recht zur Saldierung hat und die diese sich auf Ertragsteuern beziehen, die von der gleichen Steuerbehörde erhoben werden für das dasselbe Steuersubjekt oder unterschiedlicher Steuersubjekte, die beabsichtigen zur gleichen Zeit die Vermögenswerte zu realisieren und die Schulden zu erfüllen. [IAS 12.74]

 

Angaben

  • Steueraufwand (Steuerertrag), der dem Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit zuzurechnen ist (ist in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen) [IAS 12.77]
  • die Hauptbestandteile des Steueraufwands (Steuerertrags) [IAS 12.79]
  • die Summe der tatsächlichen und latenten Steuern, die direkt dem Eigenkapital belastet oder gutgeschrieben werden [IAS 12.81]
  • eine Erklärung der Relation zwischen Steueraufwand (Steuerertrag) und den Steuern, die bei Anwendung des gegenwärtigen Steuersatzes zu erwarten sind und dem handelsrechtlichen Ergebnis (dies kann als Überleitung der Steuerbeträge oder als Überleitung der Steuersätze dargestellt werden) [IAS 12.81]
  • Änderungen der Steuersätze [IAS 12.81]
  • Beträge und andere Details von abzugsfähigen temporären Differenzen, noch nicht genutzter steuerlicher Verlusten und noch nicht genutzten Steuergutschriften [IAS 12.81]
  • temporäre Differenzen in Zusammenhang mit Anteilen an Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen, Zweigniederlassungen und Joint Ventures [IAS 12.81]
  • bezüglich jeder Art temporärer Differenzen und jeder Art noch nicht genutzten steuerlicher Verluste und noch nicht genutzter Steuergutschriften der Betrag der in der Bilanz angesetzten latenten Steueransprüche und Steuerschulden und der Betrag des in der Gewinn- und Verlustrechnung erfassten Steueraufwands und Steuerertrags [IAS 12.81]
  • die Steuern hinsichtlich aufgegebener Geschäftsbereiche [IAS 12.81]
  • die steuerlichen Konsequenzen aus Dividenden, die nach dem Bilanzstichtag vorgeschlagen und beschlossen wurden [IAS 12.81]
  • Einzelheiten zu latenten Steueransprüchen [IAS 12.82]

Dezember 2010: IASB veröffentlicht Änderungen an IAS 12

Am 20. Dezember 2010 hat der IASB eine Änderung an IAS 12 Ertragsteuern veröffentlicht, die im September 2010 herausgegeben worden war. Die Änderung bietet eine praktische Lösung für das Problem der Abgrenzung der Frage, ob der Buchwert eines Vermögenswertes durch Nutzung oder durch Veräußerung realisiert wird, durch die Einführung einer widerlegbaren Vermutung, dass die Realisierung des Buchwerts im Normalfall durch Veräußerung erfolgt. Als Konsequenz der Änderung gilt SIC 21 Ertragsteuern – Realisierung von neubewerteten, nicht planmäßig abzuschreibenden Vermögenswerten nicht mehr für zum beizulegenden Zeitwert bewertete als Finanzinvestitionen gehaltene Immobilien. Die übrigen Leitlinien wurden in IAS 12 integriert und der SIC 21 demzufolge zurückgezogen. Die englischsprachige Presseerklärung des IASB finden Sie hier (33 KB).

Zugehörige Interpretationen

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