IFRS 11

IFRS 11 Gemeinsame Vereinbarungen

 

Überblick

IFRS 11 Gemeinsame Vereinbarungen beschreibt die Bilanzierung durch Unternehmen, die gemeinsam eine Vereinbarung kontrollieren. Gemeinsame Kontrolle beinhaltet die vetraglich vereinbarte Teilung von Kontrolle, und Vereinbarungen, die gemeinsamer Kontrolle unterliegen, werden entweder als Joint Ventures (Teilung des Nettovermögens und Bilanzierung nach der Equity-Methode) oder als gemeinsame Geschäftstätigkeit  (Teilung der Rechte an Vermögenswerte und Pflichten aus Verbindlichkeiten und dementsprechend bilanziert) klassifiziert.

IFRS 11 wurde im Mai 2011 herausgegeben und ist auf Berichtsperioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2013 (in der EU: 1. Januar 2014) beginnen.

 

Entstehungsgeschichte von IFRS 11

November 2004

Projekt zu gemeinsamen Vereinbarungen in das Arbeitsprogramm des IASB aufgenommen

13. September 2007

ED 9 Gemeinsame Vereinbarungen veröffentlicht

12. Mai 2011

IFRS 11 Gemeinsame Vereinbarungen veröffentlicht

28. Juni 2012 Konzernabschlüsse, Gemeinsame Vereinbarungen und Angaben zu Beteiligungen an anderen Unternehmen: Übergangsleitlinen (Änderungen an IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12) veröffentlicht; mit den Änderungen werden die Übergangsleitlinien in IFRS 10 klargestellt und zusätzliche Erleichterungen in allen drei Standards gewährt (weiterführende Informationen)

1. Januar 2013

Zeitpunkt des Inkrafttretens von IFRS 11 und der Änderungen vom Juni 2012

6. Mai 2014

Bilanzierung von Erwerben von Anteilen an einer gemeinsamen Geschäftstätigkeit (Änderungen an IFRS 11) veröffentlicht; mit den Änderungen wird die Bilanzierung von Erwerben von Anteilen an einer gemeinsamen Geschäftstätigkeit klargestellt, wenn diese einen Geschäftsbetrieb darstellen (weiterführende Informationen)

1. Januar 2016

Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen vom Mai 2014

12. Dezember 2017

IFRS 11 im Rahmen des jährlichen Verbesserungsprojekts 2015-2017 geändert

1. Januar 2019

Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen vom Dezember 2017

Relevante Interpretationen

  • IFRS 11 ersetzt SIC-13 Gemeinschaftlich geführte Einheiten - Nicht-monetäre Einlagen durch Partnerunternehmen
  • Mit diesem Standard verbundene Sachverhalte, die IFRIC nicht auf seine Agenda genommen hat

 

Geplante Änderungen durch den IASB

 

Publikationen und andere Materialien

 

Zusammenfassung von IFRS 11

Die nachfolgende Zusammenfassung bezieht sich auf IFRS 11 Gemeinsame Vereinbarungen, der im Mai 2011 herausgegeben wurde und auf Geschäftsjahre anzuwenden ist, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen. Für frühere Berichtjahre verweisen wir auf unsere Zusammenfassung von IAS 31 Anteile an Joint Ventures.

 

Kernprinzip

Das Kernprinzip von IFRS 11 besteht in der Vorschrift, dass eine an einer gemeinsamen Vereinbarung beteiligte Partei die Art der gemeinsamen Vereinbarung, in die sie eingebunden ist, mittels Beurteilung ihrer Rechte und Verpflichtungen zu bestimmen und diese Rechte und Verpflichtungen entsprechend der Art der gemeinsamen Vereinbarung zu bilanzieren hat [IFRS 11:1 f.]. Dazu werden

  • die Prinzipien von Beherrschung benannt und festgelegt, wie man feststellt, ob ein Anleger ein Beteiligungsunternehmen beherrscht und es folglich zu konsolidieren hat
  • die Prinzipien zur Darstellung von Konzernabschlüssen dargelegt.

 

Wichtige Definitionen

[IFRS 11:Anhang A]

Gemeinsame Vereinbarung

eine Vereinbarung, bei der zwei oder mehr Parteien gemeinschaftlich Führung ausüben.

Gemeinschaftliche Führung

die vertraglich vereinbarte Teilung der Beherrschung über eine Vereinbarung, die nur dann besteht, wenn die Entscheidungen über die maßgeblichen Aktivitäten die einstimmige Zustimmung der an der gemeinschaftlichen Führung beteiligten Partnerunternehmen erfordern

Gemeinschaftliche Tätigkeit

eine gemeinsame Vereinbarung, bei der die Parteien mit gemeinschaftlicher Führung Rechte an den Vermögenswerten und Verpflichtungen für die Schulden der Vereinbarung haben

Gemeinschaftsunternehmen

eine gemeinsame Vereinbarung, bei der die Partnerunternehmen mit gemeinschaftlicher Führung Rechte am Nettovermögen der Vereinbarung besitzen

Partnerunternehmen einer gemeinsamen Vereinbarung

ein Partner eines Gemeinschaftsunternehmens, das das Gemeinschaftsunternehmen gemeinschaftlich führt

Partei einer gemeinsamen Vereinbarung

eine an einer gemeinsamen Vereinbarung beteiligtes Unternehmen, unabhängig davon, ob das Unternehmen an der gemeinschaftlichen Führung der Vereinbarung teilhat

Eigenständiges Vehikel

eine eigenständige identifizierbare Finanzstruktur, einschließlich eigenständiger, rechtlich anerkannter verfasster Einheiten, unabhängig davon ob diese Einheiten eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen

 

Gemeinsame Vereinbarungen

Eine gemeinsame Vereinbarung ist eine Vereinbarung, bei der zwei oder mehr Parteien gemeinschaftlich Führung ausüben [IFRS 11:4].

Eine gemeinsame Vereinbarung besitzt die folgenden Eigenschaften [IFRS 11:5]:

  • die Parteien sind durch eine vertragliche Vereinbarung gebunden, und
  • über die vertragliche Vereinbarung wird zwei über mehr Parteien die gemeinschaftliche Führung der Vereinbarung übertragen.

Bei einer gemeinsamen Vereinbarung handelt es sich entweder um eine gemeinsame Geschäftstätigkeit oder ein Gemeinschaftsunternehmen [IFRS 11:6].

Gemeinschaftliche Führung

Gemeinschaftliche Führung ist die vertraglich vereinbarte Teilung der Beherrschung über eine Vereinbarung, die nur dann besteht, wenn die Entscheidungen über die maßgeblichen Aktivitäten die einstimmige Zustimmung der an der gemeinschaftlichen Führung beteiligten Parteien (der Partnerunternehmen) erfordern [IFRS 11:7].

Bevor beurteilt wird, ob ein Unternehmen gemeinschaftlich an der Führung einer Vereinbarung beteiligt ist, hat ein Unternehmen zunächst festzustellen, ob die Parteien oder eine Gruppe von Parteien (in Übereinstimmung mit der Definition von Beherrschung in IFRS 10 Konzernabschlüsse) die Vereinbarung beherrschen [IFRS 11:B5].

Nach der Feststellung, dass alle Parteien oder eine Gruppe von Parteien die Vereinbarung gemeinschaftlich führen, muss ein Unternehmen beurteilen, ob es an der gemeinschaftlichen Führung der Vereinbarung beteiligt ist. Gemeinschaftliche Führung liegt nur dann vor, wenn die Entscheidungen über die maßgeblichen Aktivitäten die einstimmige Zustimmung der an der gemeinschaftlichen Führung beteiligten Parteien (der Partnerunternehmen) erfordern [IFRS 11:B6].

Die Anforderung an Einstimmigkeit bedeutet, dass jede Partei (jedes Partnerunternehmen), die die Vereinbarung gemeinschaftlich führt, jede der anderen Parteien oder eine Gruppe von Parteien davon abhalten kann, einseitige Entscheidungen (über die maßgeblichen Tätigkeiten) ohne seine Zustimmung zu fällen [IFRS 11:B9].

Arten gemeinsamer Vereinbarungen

Gemeinsame Vereinbarungen kommen entweder als gemeinschaftliche Tätigkeit oder Gemeinschaftsunternehmen vor:

  • Eine gemeinschaftliche Tätigkeit ist eine gemeinsame Vereinbarung, bei der die Parteien, die gemeinschaftlich die Führung über die Vereinbarung ausüben, Rechte an den der Vereinbarung zuzurechnenden Vermögenswerten oder Verpflichtungen für deren Schulden haben. Diese Parteien werden gemeinschaftlich Tätige genannt [IFRS 11:15].
  • Ein Gemeinschaftsunternehmen ist eine gemeinsame Vereinbarung, bei der die Parteien, die gemeinschaftlich die Führung über die Vereinbarung ausüben, Rechte am Nettovermögen der Vereinbarung besitzen. Diese Parteien werden als Partnerunternehmen bezeichnet [IFRS 11:16].

Klassifizierung gemeinsamer Vereinbarungen

Die Klassifizierung einer gemeinsamen Vereinbarung als gemeinschaftliche Tätigkeit oder Gemeinschaftsunternehmen hängt von den Rechten und Pflichten der Parteien der Vereinbarung ab. Ein Unternehmen hat die Art der gemeinsamen Vereinbarung, in die sie eingebunden ist, unter Erwägung der Struktur und Form der Vereinbarung, der zwischen den Parteien der vertraglichen Vereinbarung verabredeten Bedingungen sowie der sonstigen Fakten um Umstände zu bestimmen [IFRS 11:6, 14 und 17].

Unabhängig von dem Zweck, der Struktur oder Form der Vereinbarung hängt die Klassifizierung gemeinsamer Vereinbarungen von den Rechten und Pflichten ab, die den Parteien aus der Vereinbarung erwachsen bzw. ihnen auferlegt werden [IFRS 11:B14 f.].

Eine gemeinsame Vereinbarung, bei die Vermögenswerte und Schulden in Bezug auf die Vereinbarung in einem eigenständigen Vehikel gehalten werden, kann entweder ein Gemeinschaftsunternehmen oder eine gemeinschaftliche Tätigkeit sein [IFRS 11:B19].

Eine gemeinsame Vereinbarung, die nicht im Wege eines eigenständigen Vehikels strukturiert ist, ist eine gemeinschaftliche Tätigkeit. In diesen Fällen bestimmen sich die den Parteien gewährten Rechte an den Vermögenswerten, die von ihnen zu tragenden Verpflichtungen für die Schulden in Bezug auf die Vereinbarung sowie die damit einhergehenden Anrechte auf Erlöse und Verpflichtungen für Aufwendungen aus der vertraglichen Vereinbarung [IFRS 11:B16].

 

Bilanzierung im Abschluss von Parteien, die an einer gemeinsamen Vereinbarung teilhaben

Gemeinschaftliche Tätigkeiten

An einer gemeinschaftlichen Tätigkeit erfasst ein gemeinschaftliche Tätiger proportional zu seiner Beteiligung [IFRS 11:20]:

  • seine Vermögenswerte, einschließlich seines Anteil an jeglichen gemeinschaftlich gehaltenen Vermögenswerten;
  • seine Schulden, einschließlich seines Anteil an jeglichen gemeinschaftlich eingegangenen Schulden;
  • seine Erlöse aus dem Verkauf dem ihm zuzurechnenden Teil am Ergebnis der gemeinschaftlichen Tätigkeit;
  • seinen Anteil an den Erlösen aus dem Verkauf der Erzeugnisse der gemeinschaftlichen Tätigkeit; sowie
  • seine Aufwendungen, einschließlich seines Anteils an jeglichen gemeinschaftlich eingegangenen Aufwendungen.

Ein gemeinschaftlich Tätiger bilanziert die Vermögenswerte, Schulden, Aufwendungen und Erlöse aus seinem Engagement in der gemeinschaftlichen Tätigkeit gemäß den maßgeblichen IFRS [IFRS 11:21].

Der Erwerber von Anteilen an einer gemeinsamen Tätigkeit, die einen Geschäftsbetrieb darstellen wie in IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse definiert, hat alle Prinzipien in Bezug auf die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen aus IFRS 3 und anderen IFRS anzuwenden, solange diese nicht im Widerspruch zu den Leitlinien in IFRS 11 stehen [IFRS 11:21A]. Diese Vorschrift gilt sowohl für den erstmaligen Erwerb eines Anteils an einer gemeinsamen Tätigkeit als auch für den Erwerb von zusätzlichen Anteilen (im letzten Fall werden früher gehaltene Anteile nicht neu bewertet) [IFRS 11:B33C].*

* Diese Vorschrift wurde mit Bilanzierung von Erwerben von Anteilen an einer gemeinsamen Geschäftstätigkeit (Änderungen an IFRS 11) im Mai 2014 hinzugefügt. Sie ist prospektiv auf alle Erwerbe von Anteilen an gemeinsamen Tätigkeiten anzuwenden, die in Berichtsperioden zustande kommen, die am oder nach dem 1. Januar 2016 beginnen.

Ein Partei, die an einer gemeinschaftlichen Tätigkeit teilhat, sie jedoch nicht gemeinschaftlich führt, hat ihre Beteiligung an der Vereinbarung ebenfalls wie vorstehend zu bilanzieren, wenn diese Partei Rechte an Vermögenswerte bzw. Verpflichtungen für die Schulden der gemeinschaftlichen Tätigkeit besitzt [IFRS 11:23].

Gemeinschaftsunternehmen

Ein Partnerunternehmen setzt seine Anteile an einem Gemeinschaftsunternehmen als Beteiligung an und bilanziert diese Beteiligung unter Verwendung der Equity-Methode gemäß IAS 28 Anteile an assoziierten Unternehmen und Joint Ventures, soweit das Unternehmen nicht von der Anwendung der Equity-Methode ausgenommen ist, wie in jenem Standard ausgeführt [IFRS 11:24].

Eine Partei, die an einem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt ist, es jedoch nicht gemeinschaftlich führt, bilanziert seinen Anteil an der Vereinbarung gemäß IFRS 9 Finanzinstrumente, soweit sie nicht über einen maßgeblichen Einfluss über das Gemeinschaftsunternehmen verfügt; in diesem Fall bilanziert sie die Beteiligung gemäß IAS 28 (geändert 2011) [IFRS 11:25].

 

Separate Abschlüsse

Die Bilanzierung gemeinsamer Vereinbarungen im separaten Abschluss hängt von dem Engagement eines Unternehmens in Bezug auf diese Vereinbarung und die Art der gemeinsamen Vereinbarung ab:

  • Falls es sich bei dem Unternehmen um einen gemeinschaftlich Tätigen oder ein Partnerunternehmen handelt, hat es seine Anteile an
    • einer gemeinschaftlichen Tätigkeit gemäß der Paragrafen 20-22 zu bilanzieren;
    • einem Gemeinschaftsunternehmen gemäß Paragraf 10 von IAS 27 Separate Abschlüsse zu bilanzieren [IFRS 11:26].
  • Falls es sich bei dem Unternehmen um eine Partei handelt, die zwar an einer gemeinsamen Vereinbarung beteiligt ist, sie jedoch nicht gemeinschaftlich führt, hat es seine Anteile an
    • einer gemeinschaftlichen Tätigkeit gemäß Paragraf 23 zu bilanzieren;
    • einem Gemeinschaftsunternehmen gemäß IFRS 9 zu bilanzieren, soweit es nicht über einen maßgeblichen Einfluss über das Gemeinschaftsunternehmen verfügt; in diesem Fall hat es ebenfalls Paragraf 10 von IAS 27 (geändert 2011) anzuwenden [IFRS 11:27].

 

Angaben

In IFRS 11 werden keine Angaben vorgeschrieben. Stattdessen werden die geforderten Angaben in IFRS 12 Angaben zu Beteiligungen an anderen Unternehmen ausgeführt.

 

Anwendbarkeit und vorzeitige Anwendung

IFRS 11 ist auf Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen [IFRS 11:C1]. Im Standard sind besondere Übergangsvorschriften für die nachfolgenden Umstände enthalten [IFRS 11:C2 ff.]:

  • den Übergang von der Quotenkonsolidierung auf die Equity-Methode für Gemeinschaftsunternehmen;
  • den Übergang von der Equity-Methode auf die Bilanzierung von Vermögenswerten und Schulden bei gemeinsamer Geschäftstätigkeit und
  • den Übergang einer gemeinschaftlichen Tätigkeit, die im separaten Abschluss des Unternehmen zuvor als zu Anschaffungskosten geführte Beteiligung bilanziert wurde.

Ein Unternehmen kann IFRS 11 in einer früheren Bilanzierungsperiode anwenden, muss dann den Umstand aber angegeben, dass es den Standard vorzeitig angewendet hat und zudem die folgenden Regelungen ebenfalls anwenden:

  • IFRS 10 Konzernabschlüsse
  • IFRS 12 Angaben zu Beteiligungen an anderen Unternehmen
  • IAS 27 Separate Abschlüsse (geändert 2011)
  • IAS 28 Anteile an assoziierten Unternehmen und Joint Ventures (geändert 2011)

Besonderheit für in der EU domizilierte Unternehmen

Die Europäische Union hat mit Veröffentlichung entsprechender Verordnungen im Amtsblatt vom 29. Dezember 2012 die Standards des "Konsolidierungspakets" (IFRS 10, IFRS 11, IFRS 12, IAS 27 (2011) und IAS 28 (2011)) für die Anwendung in Europa übernommen. Das Konsolidierungspaket ist mit einem Datum des Inkrafttretens 1. Januar 2014 versehen, wobei allerdings vorzeitige Anwendung zulässig ist, sodass europäische Unternehmen sich freiwillig an den Erstanwendungszeitpunkt des IASB (1. Januar 2013) halten können.

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