IFRS-Leitliniendokument Fällen von Wesentlichkeitsentscheidungen

IFRS-Leitliniendokument Fällen von Wesentlichkeitsentscheidungen

 

Entstehungsgeschichte des IFRS-Leitliniendokuments Fällen von Wesentlichkeitsentscheidungen

 

Dezember 2012 IASB nimmt als Reaktion auf die Ergebnisse der Agendakonsultation 2011 eine kurzfristige Initiative zu Angaben in sein Arbeitsprogramm auf
28. Mai 2013 Zusammenfassung der Rückmeldungen vom Angabeforum vom 28. Januar 2013 veröffentlicht; ein Projekt zur Entwicklung von Anwendungsleitlinien oder Lehrmaterialien zu Wesentlichkeit soll vom IASB erwogen werden
März 2014 Projekt zu Wesentlichkeit offiziell in das Arbeitsprogramm des IASB aufgenommen
28. Oktober 2015 Entwurf ED/2015/8 IFRS-Leitliniendokument - Anwendung von Wesentlichkeit auf Abschlüsse herausgegeben
14. September 2017 IFRS-Leitliniendokument Fällen von Wesentlichkeitsentscheidungen vom IASB herausgegeben

 

Geplante Änderungen durch den IASB

 

Zusammenfassung des IFRS-Leitliniendokuments Fällen von Wesentlichkeitsentscheidungen

 

Zielsetzung

Die Zielsetzung des IFRS-Leitliniendokuments Fällen von Wesentlichkeitsentscheidungen besteht darin, die Unternehmensleitung beim Ausweis von Finanzinformationen über das Unternehmen zu unterstützen, die für bestehende und potentielle Anleger, Kapital- und andere Kreditgeber entscheidungsnützlich sind, wenn sie Entscheidungen in Bezug darauf treffen, ob sie dem Unternehmen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Das Leitliniendokument stellt keinen IFRS dar. Daher müssen Unternehmen, die die IFRS anwenden, das Leitliniendokument nicht verpflichtend anwenden. Es sollte allerdings bedacht werden, dass Wesentlichkeit ein grundlegendes Prinzip der IFRS ist.

 

Anwendungsbereich

Das Leitliniendokument ist auf die Erstellung von Abschlüssen nach den vollen IFRS anzuwenden. Es ist nicht auf Unternehmen ausgerichtet, die den IFRS für KMU anwenden.

 

Generelle Eigenschaften von Wesentlichkeit

Definition von wesentlich

Das Leitliniendokument arbeitet mit der Definition von Wesentlichkeit im gegenwärtigen Rahmenkonzept.

Informationen sind wesentlich, wenn ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte Darstellung die auf Basis der Finanzinformationen über ein bestimmtes berichtendes Unternehmen getroffenen Entscheidungen der Adressaten beeinflussen könnten. Mit anderen Worten: Wesentlichkeit ist ein unternehmensspezifischer Aspekt der Relevanz, der auf der Art oder Größe der Posten oder beiden basiert, auf die sich die Informationen im Rahmen eines Finanzberichts eines einzelnen Unternehmens beziehen.

Ähnliche Definitionen finden sich in IAS 1 Darstellung des Abschlusses und IAS 8 Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schätzungen und Fehler.*

*Der IASB arbeitet derzeit an einer neuen Definition von Wesentlichkeit (s. Entwurf ED/2017/6 Definition von wesentlich (Vorgeschlagene Änderungen an IAS 1 und IAS 8)), und der IASB hält fest, dass, wenn an der Definition von Wesentlichkeit in IAS 1 und IAS 8 Änderungen als Ergebnis der Vorschläge im Entwurf vorgenommen werden, diese auch als Folgeänderungen im Leitliniendokument zu Wesentlichkeit und im überarbeiteten Rahmenkonzept vorgenommen werden.

Grundlegender Charakter von Wesentlichkeitsentscheidungen

Im Leitliniendokument wird festgehalten, dass die Notwendigkeit von Wesentlichkeitsentscheidungen grundlegend in der Abschlusserstellung ist und sich auf Ansatz, Bewertung, Ausweis und Angaben erstreckt. So hat ein Unternehmen also Ansatz- und Bewertungsvorschriften nur anzuwenden, wenn die Auswirkungen ihrer Anwendung wesentlich sind. Ebenso muss ein Unternehmen in den IFRS geforderte Angaben nur leisten, wenn die Informationen, die sich aus der Angabe ergeben, wesentlich sind.

Ermessensentscheidungen

Wenn beurteilt wird, ob Informationen wesentlich sind, berücksichtigt ein Unternehmen seinen eigenen spezifischen Umstände und die Informationsbedürfnisse der primären Adressaten seines Abschlusses. Wesentlichkeitsbeurteilungen werden zu jedem Berichtsstichtag überprüft. 

Primäre Adressaten und ihre Informationsbedürfnisse

Primäre Adressaten des Abschlusses eines Unternehmens sind bestehende und potentielle Anleger, Kapital- und andere Kreditgeber. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese über ein vernünftiges Maß an Kenntnis von Geschäfts- und wirtschaftlich Aktivitäten verfügen und dass sie die Informationen in einem Abschluss gewissenhaft prüfen und analysieren. Die Zielsetzung von Abschlüssen ist, diesen primären Adressaten Finanzinformationen zur Verfügung zu stellen, die für sie entscheidungsnützlich sind, wenn sie Entscheidungen in Bezug darauf treffen, ob sie dem Unternehmen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Deshalb muss ein Unternehmen auch berücksichtigen, welche Arten von Entscheidungen diese Adressaten zu fällen haben. Mehrzweckabschlüsse sind allerdings nicht dazu gedacht, spezielle Informationsbedürfnisse zu adressieren; sie sind auf allgemeine Informationsbedürfnisse ausgerichtet.

Auswirkung öffentlich verfügbarer Informationen

Abschlüsse sind abgeschlossene Dokumente, und ein Unternehmen beurteilt, ob Informationen für seinen Abschluss wesentlich sind, unabhängig davon, ob diese Informationen auch aus einer anderen Quelle bezogen werden können.

 

Prozessmodell der Wesentlichkeitseinschätzung

Im Leitliniendokument wird festgehalten, dass es Unternehmen es hilfreich finden kann, einem systematischen Prozess beim Fällen und Wesentlichkeitsentscheidungen zu folgen. Ein vierstufiges Prozessmodell wird beispielhaft angegeben.

Schritt 1

Das Unternehmen identifiziert Informationen, die potentiell wesentlich sind. Dabei berücksichtigt es die IFRS-Vorschriften, die auf seine Geschäftsvorfälle, sonstigen Ereignisse und Bedingungen anzuwenden sind, und die Informationsbedürfnisse seiner primären Adressaten.

Schritt 2

Das Unternehmen beurteilt dann, ob die in Schritt 1 identifizierten Informationen wesentlich sind. Bei dieser Beurteilung müssen quantitative (Größe) und qualitative (Wesen) Faktoren berücksichtigt werden. Im Leitliniendokument wird festgehalten, dass das Vorliegen eines qualitativen Faktors die Schwelle für die quantitative Beurteilung senkt, d.h. je bedeutender ein qualitativer Faktor ist, desto niedriger fällt die quantitative Schwelle aus. In der Tat kann die quantitative Schwelle auf null absinken, wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass eine Information die Entscheidungen der primären Adressaten unabhängig von ihrer Größe beeinflussen kann.

Schritt 3

In einem nächsten Schritt strukturiert das Unternehmen die Informationen im Abschlussentwurf auf eine Art und Weise, die klare und präzise Kommunikation unterstützt. Im Leitliniendokument werden die folgenden hilfreichen Punkte aufgeführt:

  • Betonung wesentlicher Sachverhalte;
  • Anpassung von Informationen an die eigenen Umstände des Unternehmens;
  • Beschreibung der Geschäftsvorfälle, sonstigen Ereignisse und Bedingungen des Unternehmens so schlicht und direkt wie möglich;
  • Hervorhebung von Beziehungen zwischen verschiedenen Informationen;
  • Zurverfügungstellung von Informationen in einem Format, das für die Art der Information angemessen ist;
  • Zurverfügungstellung von Informationen auf eine Art und Weise, die so weit wie möglich Vergleichbarkeit maximiert;
  • Vermeidung oder Minimierung der Duplikation von Informationen; und
  • Sicherstellung, dass wesentliche Informationen nicht durch unwesentliche Informationen verschleiert werden.

Schritt 4

Im wichtigsten Schritt würdigt das Unternehmen die Informationsdarstellung als Ganzes im Kontext des gesamten Abschlussentwurfs. Es muss beurteilt werden, ob die Informationen sowohl für sich genommen als auch in Kombination mit anderen Informationen wesentlich ist. Diese abschließende Beurteilung kann dazu führen, dass zusätzliche Informationen aufgenommen werden oder Informationen gestrichen werden, die jetzt als unwesentlich zu betrachten sind, dass Informationen zusammengefasst, aufgegliedert oder umstrukturiert werden oder dass der Prozess noch einmal ab Schritt 2 aufgenommen werden muss.

 

Leitlinien zu Wesentlichkeitsentscheidungen unter bestimmten Umständen

Im Leitliniendokument werden auch einige Leitlinien zu Wesentlichkeitsentscheidungen unter bestimmten Umständen zur Verfügung gestellt. Diese betreffen Informationen aus Vorperioden (einschließlich Informationen aus Vorperioden, die zuvor nicht zur Verfügung gestellt wurden, und Zusammenfassung von Informationen aus Vorperioden), Fehler (einschließlich kumulativen Fehlern), Informationen zu Vereinbarungen sowie Wesentlichkeitsentscheidungen in Zwischenberichten (einschließlich Schätzungen in Zwischenberichten).

 

Zeitpunkt des Inkrafttretens

Das Leitliniendokument ist nicht mit einem Zeitpunkt des Inkrafttretens versehen; es kann sofort angewendet werden.

 

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