IAS 19 — Festlegung des Diskontierungszinses

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Hintergrund

Im Oktober 2012 hatte das IFRS Interpretations Committee eine Bitte um Leitlinien zur Festlegung des Zinssatzes erhalten, der für die Abzinsung von Verpflichtungen nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verwendet wird. Dabei ging es v.a. um die Frage, ob Unternehmensanleihen mit einem international anerkannten Rating unter 'AA' als qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen (high quality corporate bonds, HQCB) angesehen werden können.

Auf seiner Novembersitzung stellte das Interpretations Committee fest, dass

  1. die bislang vorherrschende Praxis darin bestanden hätte, Unternehmensanleihen dann als qualitativ hochwertig anzusehen, wenn sie eines der beiden höchten Ratings einer international anerkannten Ratingagentur erhalten hätten (d.h. "AAA" und "AA");
  2. IAS 19 nicht festlege, wie man die Marktrenditen von HQCB festlegen soll und sich insbesondere nicht zu der Frage äußert, welches Niveau an Anleihen als von hoher Qualität eingestuft werden soll;
  3. ein Unternehmen bei der Festlegung, welche aktuellen Marktrenditen als HQCB anzusehen seien, Ermessen walten lassen sollen, wobei die Leitlinien in den Paragrafen 84 und 85 von IAS 19 Leistungen an Arbeitnehmer (2011) zu beachten seien; und
  4. das Vorgehen eines Unternehmens bei der Festlegung des Diskontierungssatzes über die Zeit hinweg stetig anzuwenden sei.

Im Dezember 2012 ging beim Interpretations Committee zu diesem Sachverhalt eine Stellungnahme ein. Der Absender bat das Interpretation Committee um Klärung, ob

  • der Korb an HQCB auf Ebene der Eurozone oder auf Länderebene festgelegt werden soll und
  • die Eigenschaften der Vermögenswerte, in die ein Unternehmen zu investieren berechtigt ist, bei der Entscheidung, welche Anleihen für die Festlegung des Diskontierungszinses verwendet werden sollen, in Betracht zu ziehen sei.

Die Stabsmitarbeiter meinten, dass der Diskontierungszins eine wichtige Annahme bei der Bemessung der Leistungsverpflichtung darstelle. Sie stellten ferner fest, dass in IAS 19 bestimmt werde, dass der Abzinsungssatz unter Bezugnahme auf Renditen qualitativ hochwertiger Unternehmensanleihen (HQCB) festzulegen sei und dass in Ländern, in denen für solche Anleihen kein tiefer Markt bestehe, der Standard die Verwendung der Marktrenditen von Staatsanleihen vorschreibe.

Die Stabsmitarbeiter meinten, dass die Bedenken des Einreichers dahin gingen, dass, obgleich in IAS 19 die Verwendung von HQCB verlangt werde, nicht ausgeführt werde, welche Anleihen sich für eine Einstufung als HQCB qualifizierten und dass als HQCB in der Praxis jene angesehen würden, die "AAA"/"AA"-Ratings von einer anerkannten Ratingagentur erhielten. Angesichts der Finanzmarktkrise fragte der Einreicher, ob Unternehmensanleihen mit einem Rating unter "AAA"/"AA" als HQCB eingestuft werden könnten.

Die Stabsmitarbeiter schlugen dem Interpretations Committee die Entwicklung von Umsetzungsleitlinien zur Festlegung des Diskontierungszinses vor. Sie meinten, dass ihrer Ansicht nach dann, wenn das Volumen an HQCB absinke und ein Unternehmen käme, dass der Markt für diese Anleihen nicht länger tief sei, die Grundgesamtheit an Anleihen um Unternehmensanleihen mit einem niedrigeren Rating erweitert werden müsse, um einen verlässlicheren Schätzwert für den HQCB-Zins berechnen zu können; dabei sei aber sicherzustellen, dass der Diskontierungszins weiterhin einen HQCB-Zins widerspiegelt. Die Stabsmitarbeiter meinten, dass man dies dadurch erreichen könne, dass das Unternehmen die Marktrenditen von Unternehmensanleihen mit einem niedrigeren Rating anpasst, um die Marktprämien für das zusätzliche Bonitätsrisiko zu beseitigen.

Die Stabsmitarbeiter vertraten daher die Ansicht, dass das Unternehmen bei der Festlegung des Diskontierungszinses unter Verwendung von HQCB zunächst Unternehmensanleihen mit minimalen oder niedrigem Bonitätsrisiko verwenden solle. Falls die Grundgesamtheit nicht ausreicht, um die Festlegung eines Diskontierungszinses gemäß IAS 19 zu ermöglichen, solle der Abzinsungssatz unter Verwendung von Unternehmensanleihen mit einem höheren Bonitätsrisiko bestimmt werden, wobei der Zins zwecks Beseitigung der Marktprämie für das zusätzliche Bonitätsrisiko anzupassen sei. Wenn die Ausweitung der Grundgesamtheit dann immer noch nicht ausreiche, würden nach Meinung der Stabsmitarbeiter Staatsanleihen verwendet.

Die Stabsmitarbeiter meinten, dass ihrer Ansicht nach der Korb an HQCB auf Ebene der Eurozone bestimmt werden könne.

Der Stab empfahl, dass

  • das Interpretations Committee Leitlinien entwickeln solle, die Unternehmen dabei helfen, die derzeit bestehenden Vorschriften in IAS 19 zu verstehen und umzusetzen;
  • die Leitlinien einem hierarchischen Ansatz folgen sollten; und
  • die Leitlinien einem unternehmen die Verwendung von HQCB in einem anderen Land mit derselben Währung gestatten sollten.

Die Stabsmitarbeiter fragten das Interpretations Committee, ob sie den Empfehlungen des Stabs zustimmten.

 

Erörterung und Beschlussfassung

Eines der Komiteemitglieder lehnte die Empfehlungen des Stabs ab. Sie stimmte der vorgeschlagenen Hierarchie ebensowenig zu wie dem Vorschlag, dass Leitlinien entwickelt werden sollten. Sie meinte, dass die Leitlinien des Stabs faktisch einen Satz an Regeln darstellten und einige dieser den Leitlinien in IAS 19 zuwiderliefen, da im Standard gesagt werden, dass bei Fehlen eines tiefen Markts Staatsanleihen zu verwenden seien. Dieses Komiteemitglied sprach sich dafür aus, an Stelle des vom Stab vorgeschlagenen Satzes an Regeln eine Satz an Prinzipien entwickelt werden sollte, mit denen Dinge wie "ein tiefer Markt", "qualitativ hochwertig" und "risikofrei" definiert würden. Ersteller könnten dann auf diese Prinzipien und ihr Ermessen rückgreifen. Diese Ansicht wurde von einem anderen Komiteemitglied nicht geteilt, der dem Versuch des Stabs, Leitlinien zur Verfügung zu stellen, positiv gegenüberstand. Ein anderes Komiteemitglied teilte ebenfalls die Ansicht, dass der Stab nicht versuchen solle, Regeln zu schaffen.

Ein weiteres Mitglied vertrat eine ähnliche Ansicht und war der Meinung, dass die Antwort in den Umsetzungsleitlinien darin bestünde, dass man "AA" geratete Unternehmensanleihen brauche; er bat den Stab, dies klarzustellen. Er wiederholte die Frage, ob "AA" für Unternehmensanleihen verlangt würde, um als qualitativ hochwertig angesehen zu werden. Das Mitglied meinte, dass Ersteller im Standard aufgefordert würden, eine Staatsanleihe zu verwenden, wenn für HQCB kein tiefer Markt bestehe. Das würde auf den heutigen Märkten allerdings dazu führen, dass Staatsanleihen verwendet würde, die nicht als qualitativ hochwertig anzusehen seien und der Standard gemessen am heutigen Markt daher "kaputt" sei. Er meinte, dass die derzeitige Situation nicht von kurzer Dauer sei und eine reale Situation für eine Reihe von Jahren darstelle. Das Komiteemitglied brachte auch die Frage auf, ob Staatsanleihen folglich niedriger als "AA" geratet und trotzdem als qualitativ hochwertig angesehen werden könnten.

Ein anderes Mitglied meinte, dass er nicht glaube, dass in IAS 19 notwendigerweise die Verwendung von mit "AA" gerateten Unternehmensanleihen gefordert sei, obgleich er sagte, dass er gedacht habe, dass es genau das sei, was der Stab mit seiner Aussage der Anpassung geringer eingestufter Unternehmensanleihen um Bonitätsrisiken schlussfolgern wolle. Die Stabsmitarbeiter meinten, dass es ihre Absicht sei, mit "AA" geratete Anleihen zu verwenden und dass zur Schätzung des Diskontierungssatzes niedriger eingestufte Anleihen verwendet werden könnten, jedoch um das Bonitätsrisiko anzupassen seien. Wenn allerdings immer noch kein tiefer Markt für "AA" geratete Unternehmensanleihen bestehe, sollten Staatsanleihen verwendet werden. Ein anderes Mitglied fragte, ob der Ausdruck 'qualitativ hochwertig' in IAS 19 relativ zu verstehen sei und man dementsprechend bei Fehlen von "AA"-Anleihen die nächste Stufe nehmen und als qualitativ hochwertig ansehen würde. Sie fragte ferner, wie jemand feststellen würde, ob es für Zwecke der Anwendung von IAS 19 einen tiefen Markt gebe und wann man folglich Staatsanleihen verwenden würde. Dieses Komiteemitglied sah gewisse Vorzüge in dem, was die Stabsmitarbeiter vorschlügen.

Ein Mitglied vertrat ebenfalls die Ansicht, dass mit der Hierarchie in den Umsetzungsleitlinien vorgeschlagen werde, dass Ersteller die freie Wahl zwischen einem Rückgriff auf Staatsanleihen in ihrem Land oder auf Ebene der Eurozone hätten, wenn für HQCB kein tiefer Markt bestehe und ein qualitativ hochwertiger Diskontierungszins nicht geschätzt werden könne. Er bezog sich insbesondere auf die Textziffer IG6 – die Stabsmitarbeiter meinten, dass dies kein freies Wahlrecht darstelle, da  IG6(c) zum Ausdruck bringen solle, dass "das Unternehmen Anleihen aufnehmen solle…"

Der Vorsitzende stimmte dem Stab ebenfalls nicht zu. Er meinte, dass das Prinzip in IAS 19 darin bestehe, dass der Diskontierungszins risikofrei sein solle (obgleich eine Komiteemitglied dem widersprachen) und dass das lineare Wesen der Leitlinien im Standard (d.h. Schritt 1 besteht darin, den Abzinsungssatz für HQCB festzulegen, und wenn kein tiefer Markt besteht, verwendet man in Schritt 2 die Marktrenditen von Staatsanleihen) einen in der gegenwärtigen Gemengelage zu Ergebnissen führe, die nicht im Einklang mit dem Prinzip stünden. Diese Sichtweise wurde von einer Reihe mit Komiteemitgliedern geteilt. Diese Mitglieder stimmten zu, dass der Ausgangspunkt das "Prinzip" von IAS 19 sein sollte. Ein anderes Mitglied meinte, dass, auch wenn in IAS 19 der Ausdruck "risikofrei" nicht auftauche (stattdessen ist von "qualitativ hochwertig" die Rede), man es als gegeben hinnähme, dass "AA" und besser als risikofrei anzusehen seien. Er meinte, dass eine jährliche Verbesserung an IAS 19 erforderlich sei möge, um den Teil des Standards zu ändern, in dem ausgeführt wird, dass man auf Staatsanleihen zurückgreift, wo kein HQCB bestünden, unabhängig davon, wie die Staatsanleihen geratet würden. Dieses Problem könne durch Umsetzungsleitlinien nicht gelöst werden – er regte an, dass im Standard ausgeführt werden sollte, dass man nur dann auf Staatsanleihen zurückgreifen solle, wenn diese von hoher Qualität seien.

Ein anderes Komiteemitglied brachte die praktischen Schwierigkeiten bei der Anpassung niedriger gerateter Anleihen um das Bonitätsrisiko (d.h. das Auffinden des Bonitätsrisikos in einer "A"-Kurve, die dann auf "AA" angehoben wird) und die Frage auf, wie Unternehmen ein einheitliches Vorgehen bei ihrem Ansatz erreichen würden. Ebenfalls angeführt wurden andere praktische Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Leitlinien. Ein Komiteemitglied meinte, dass Textziffer IG7 nicht im Einklang mit IAS 19 stehe. Er meinte, dass in IG7 versucht werden, einen "synthetischen" Markt für HQCB zu schaffen, statt einen tatsächlichen tiefen Markt zu verwenden, wo es keinen solchen gebe. Er sei der Ansicht, dass dies keine Vorschrift des Standards sei, weil im Standard gesagt werde, dass, wenn es keinen tiefen Markt gebe, man Staatsanleihen verwenden und keinen synthetischen tiefen Markt für HQCB kreieren solle.

Der Vorsitzende brachte die Diskussion zu einem Ende. Er meinte, dass es nicht viel Unterstützung für den Vorschlag des Stabs gebe. Er meinte zudem, dass nicht klar sei, was die Komiteemitglieder eigentlich zustimmten. Der Vorsitzende meinte, dass dies ein aktueller Sachverhalt zu einem bestehenden Standard sei und dass man dies in der Hoffnung auf eine schnelle Lösung an den Board verweise. Der Vorsitzende stellte fest, dass auf dieser Sitzung kein Beschluss gefasst wurde.

Die Mehrheit der Mitglieder des Komitees stimmten der vorgeschlagenen Vorgehensweise zu. Es gab lediglich zwei Komiteemitglieder, die dagegen waren.

Zugehörige Interpretationen

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