Erste Tagung der Beratungsgruppe zur Finanzmarktkrise

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21.01.2009

Die Beratungsgruppe zur Finanzmarktkrise (Financial Crisis Advisory Group, FCAG) wurde gemeinsam von IASB und FASB eingerichtet, um Rechnungslegungssachverhalte zu erwägen, die im Zuge der weltweiten Finanzmarktkrise entstanden sind (siehe dazu unsere Meldung vom 30. Dezember 2008).

Ihr Zweck liegt darin, beiden Boards deutlich zu machen, welche Rolle die Bilanzierung während der Krise gespielt hat, und mögliche Änderungen vorzuschlagen. Gestern hielt die FCAG ihre erste Sitzung ab. Wir sind gegenwärtig bei der Übersetzung der inoffiziellen Mitschrift der Beobachter von Deloitte und werden sie Ihnen sobald als möglich zur Verfügung stellen.

Sitzung der Beratungsgruppe von IASB und FASB zur Finanzmarktkrise20. Januar 2009

Der Vorsitzende erinnerte die Teilnehmer in seinen einführenden Bemerkungen an die Gründe, warum der beizulegende Zeitwert jüngst soviel Aufmerksamkeit erregt hat, insbesondere in den Fällen, in denen er auf Instrumente in 'ausgetrockneten' Märkten angewendet wurde. Er fuhr mit der Erläuterung fort, dass das Konzept des beizulegenden Zeitwerts breitere Anwendung nach der 'Sparkassenkrise' in den USA gefunden hat und es weiterhin 'in Arbeit' sei. Er sagte, dass die beiden wesentlichen Fragen gestellt würden:

In welchen Fällen war die Rechnungslegung hilfreich bei der Identifizierung von Sachverhalten?

In welchen Fällen war die Rechnungslegung nicht hilfreich?

Die Vorsitzenden von FASB und IASB vermittelten kurz den aktuellen Stand bei den Tätigkeiten der beiden Boards. Sie berichteten, dass es Druck gegeben habe, fundamentalere Änderungen an der Rechnungslegung vorzunehmen und dass aufsichtsrechtliche Reformen auf die Rechnungslegung ausstrahlen könnten. Sie nannten fünf Kernsachverhalte, die im Zuge der Krise zutage traten:

Beizulegender Zeitwert

Außerbilanzielle Geschäfte (Konsolidierung)

Verbriefungen (Ausbuchung)

Wertminderungen

Risikoberichterstattung (Nutzer sahen die Risiken in den Unternehmen nicht)

Beide Vorsitzende betonten, dass die getroffenen und geplanten Maßnahmen auf diese Sachverhalte gerichtet seien.

Der Stab beider Boards vermittelte detailliert den aktuellen Stand zu den bislang entwickelten Antworten. Man hob hervor, dass mehrere vorgeschlagene Änderungen an den IFRS und US-GAAP veröffentlicht worden seien und so bald wie möglich erneut erörtert würden. Darüber hinaus erwartet der IASB, Vorschläge zur Ausbuchung und zur Bewertung zum beizulegenden Zeitwert im ersten Quartal 2009 herauszugeben. Beide Boards werden weiter daran arbeiten, die Tätigkeiten hinsichtlich einer umfassenden Überprüfung der Bilanzierung von Finanzinstrumenten zu beschleunigen.

Der kommissarische Leiter der Abteilung Rechnungslegung der US-amerikanischen Wertpapier- und Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission, SEC) stellte eine Zusammenfassung des kürzlich veröffentlichten SEC-Berichts zu den Auswirkungen der Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert auf die Finanzmarktkrise in den USA vor. Er stellte fest, dass die Mehrheit der Vermögenswerte im Abschluss von Finanzinstitutionen in den USA nicht zum beizulegenden Zeitwert bewertet worden seien und dass lediglich ein Teil erfolgswirksam so bewertet worden sei. In dem Bericht kam man zu dem Schluss, dass der beizulegende Zeitwert keine bedeutende Rolle in der Krise gespielt habe. Ferner wurde festgestellt, dass der beizulegende Zeitwert von Anlegern als nützlich angesehen werde und dass viele der vorgeschlagenen Alternativen dieses Maß an Nützlichkeit nicht aufwiesen. Darüber hinaus wurde in dem Bericht hervorgehoben, dass das Vorgehen des FASB sachgerecht sei. Der kommissarische Leiter der Abteilung Rechnungslegung stellte fest, dass der Bericht mehrere Empfehlungen enthalte, darunter den Vorschlag, die Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert nicht auszusetzen (siehe dazu unsere Nachricht vom 31. Dezember 2008).

Die Mitglieder der FCAG brachten sodann ihre Meinung zum Ausdruck. Die wesentlichen Themenkomplexe, die in den Sichtweisen der Teilnehmer zum Ausdruck kamen, sind nachfolgend zusammengefasst.

Hat der beizulegende Zeitwert die Finanzmarktkrise beschleunigt oder verschlimmert?

Viele Teilnehmer vertraten die Ansicht, dass der beizulegende Zeitwert 'eine gewisse' Rolle während der Finanzmarktkrise gespielt habe, vor allem hinsichtlich des Effekts der Prozyklizität. Als Grund dafür wurde die größere Verwendung von Rechnungslegungszahlen durch die Aufsichtsbehörden genannt. Allerdings war die Mehrheit der Ansicht, dass der beizulegende Zeitwert keine größere Rolle gespielt habe, und kein Teilnehmer schlug seine Abschaffung vor – es seien die Geschäftsrisiken gewesen, die Finanzinstitutionen eingegangen seien und nicht angemessen gemanagt hätten.

Es wurde hervorgehoben, dass Unternehmen mehr Leitlinien hinsichtlich der Frage benötigten, wie der beizulegende Zeitwert in bestimmten Umständen festgestellt werden solle, vor allem in einem inaktiven Markt. Die Arbeit des beratenden Expertenpanels des IASB und dessen Abschlussdokument wurden als Schritt in die richtige Richtung genannt. Andere FCAG- Mitglieder äußerten Bedenken, dass der Bewertungsprozess als solcher nicht transparent sei und dies ebenfalls ein Thema sei, dessen man sich annehmen müsse.

Viele FCAG-Mitglieder hoben hervor, dass außerbilanzielle Aktivitäten und damit Konsolidierungsregeln die Entwicklung einer Schattenbuchhaltung zugelassen hätten, bei denen Risiken nicht im Abschluss dargestellt worden seien. Man stellte fest, dass die Geschäftsleitung im ihrem Abschluss erklären müsse, warum Unternehmen konsolidiert worden seien oder nicht.

Ein Mitglied stellte fest, dass die Anreizsysteme für die Führungskräfte die Situation verschärft hätten und dass diese Systeme nicht angemessen in den Berichten der Unternehmen dargestellt worden seien. Einige meinten, dass die Bilanzierung künftige Krisen nicht verhindern könne.

Verfahrensweise beim Setzen von Standards

Viele betonten die Wichtigkeit, sich auch unter Druck an den Standardsetzungsprozess zu halten, in schwierigen Zeiten möglicherweise beschleunigt. Ein Mitglied stellte fest, dass der Zeitraum September/Oktober 2008 ein Tiefpunkt in dem Setzen internationaler Rechnungslegungsstandards gewesen sei. Im diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass Standards durchsetzbar seien müssten: Wenn Standards nicht sachgerecht angewendet würden, helfe das beste Rahmenkonzept für die Bilanzierung nicht. Einige Mitglieder betonten die Notwendigkeit für einen weltweit einzigen Satz an Standards.

Anlegervertrauen

Ein weiteres Kernthema bestand darin, dass das Vertrauen der Anleger in die Rechnungslegung der Schlüssel zur Verbesserung der Marktsituation sei – Anleger seien an einer Rechnungslegung interessiert, die die ökonomische Realität abbilde. Die Standardsetzer wurden eindringlich gebeten, sich dies bei der Verfolgung weiterer Schritte in Erinnerung zu rufen. Dieses sei verbunden mit der Verringerung der Komplexität in der Rechnungslegung und der Vermeidung einer Überfrachtung mit Informationen. Eines der anwesenden Boardmitglieder sagte, dass es eine Menge Zynismus im Markt über die Rechnungslegung gebe und dass alle weiteren Schritte dürften diesen Zynismus nicht verstärken, sondern die Glaubwürdigkeit in die Rechnungslegung wiederherstellen müssten. Dieses Mitglied stellte fest, dass viele der Ansinnen von Politikern auf Änderungen in der Bilanzierung nur Werkzeuge zur Ergebnisgestaltung schaffen und dementsprechend das Anlegervertrauen unterminieren würden.

Wertminderungen

Viele FCAG-Mitglieder äußerten sich besorgt über die komplexen Regelungen zu Wertminderungen und den Unterschieden zwischen IFRS und US-GAAP. Einige Teilnehmer äußerten Bedenken hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit, Risikovorsorge in guten Zeiten zu bilden, die in schlechten Zeiten genutzt werden könne, d.h. Vorsorge für erwartete Verluste zu bilden und nicht für eingetretene Verluste, wie dies derzeit in den Wertminderungsmodellen nach IFRS und US-GAAP vorgesehen ist. Andere meinten, dass dies ein aufsichtsrechtlichen Thema sei und so gelöst werden könne, dass eine angemessene Zuweisung zu den Rücklagen erfolge und ausschüttungsfähige Gewinne begrenzt würden.

Zielsetzung der Rechnungslegung

Es wurde hervorgehoben, dass bevor man Schlüsse zu irgendeinem der Sachverhalte ziehe, die Zielsetzung der Rechnungslegung klar sein müsse. Man hob hervor, dass die derzeitigen Rahmenkonzepte Aufsichtsbehörden nicht als Kernnutzer von Abschlüssen ansähen und die finanzielle Stabilität dementsprechend kein Ziel der Rechnungslegung sei.

Diese Zusammenfassung basiert auf Notizen, die von Beobachtern bei der Sitzung der FCAG gemacht wurden. Sie sind nicht als offizielle oder endgültige Zusammenfassung zu verstehen.

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