Nationale Standardsetzer erörtern einheitliche Anwendung

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03.03.2017

Das Internationale Forum der Standardsetzer im Bereich Rechnungslegung (International Forum of Accounting Standard Setters, IFASS) ist am 2. und 3. März 2017 in Taipeh zu seiner Frühjahrssitzung zusammengekommen. Eins der Kernthemen bei der Sitzung war die einheitliche Anwendung der IFRS über Rechtskreise hinweg. Inbegriffen waren dabei auch die Fragen nach der Bedeutung des Ausdrucks "einheitliche Anwendung" und was der IASB und die nationalen Standardsetzer zur Unterstützung einheitlicher Anwendung tun können.

Die IFASS-Vorsitzende Dr. Liesel Knorr führte in das Thema ein. Sie legte den Schwerpunkt ihrer Ausführungen auf die Entscheidungen des IFRS Interpretations Committee (als pars pro toto für die Arbeit des IASB) und was diese für die einheitliche Anwendung bedeuten. Sie hielt fest, dass laut Handbuch für den Konsultationsprozess des IASB die Aufgabe des IFRS IC darin liege, Sachverhalte zu adressieren die weit verbreitet sind oder wesentlich Auswirkungen haben. Dabei verwies sie auch auf die negativen Agendaentscheidungen, die in der Novemberausgabe des IFRIC Update veröffentlicht wurden. Für die Strategiediskussion wies Frau Knorr darauf hin, dass sowohl "weit verbreitet" als auch "wesentliche Auswirkungen" sowohl eine internationale als auch eine lokale Bedeutung haben können und fragte, was die Rolle der nationalen Standardsetzer sein sollte, wenn das IFRS IC eine negative Agendaentscheidung ausspricht, obwohl der Sachverhalt zumindest in einigen Rechtskreisen weit verbreitet und von wesentlicher Auswirkung ist. Sollten die Standardsetzer im Kontext der einheitlichen Anwendung hier schlussfolgern, dass das Committee Abweichungen in der Praxis akzeptiert? Und sollten sie darüber hinaus für die Umsetzung der Sichtweisen sorgen, die in negativen Agendaentscheidungen zum Ausdruck gebracht werden? Über der ganzen Diskussion stand die Frage, was eigentlich einheitliche Anwendung bedeutet - identische Behandlung oder vergleichbare Ergebnisse?

Die verschiedenen Aspekte wurden dann in Kleingruppen erörtert; anschließend wurden die Ergebnisse im Plenum zusammengeführt und diskutiert. Die wesentlichen Botschaften, die sich ergaben, waren die folgenden:

Allgemeine Ergebnisse:

  • Die IFRS sind prinzipienbasiert, daher kann einheitliche Anwendung nicht identische Behandlung bedeuten; identische Behandlung ist ein bedeutendes Merkmal regelbasierter Systeme;
  • Adressaten tolerieren unterschiedliche Lesarten derselben Prinzipien, solange sie mit ausreichend Angaben unterlegt werden, wenn jedoch die Anwendung desselben Prinzips mit unterschiedlichen Ergebnissen zu unterschiedlichen Anlageentscheidungen führt, kann dies auf ein Problem hinweisen, das dem IASB zur Kenntnis gebracht werden sollte;
  • innerhalb eines Unternehmens sollte einheitliche Anwendung identische Behandlung bedeuten;
  • Einheitlichkeit kann nicht vom IASB und/oder den nationalen Standardsetzern allein erreicht werden, sie ist das Ergebnis des Zusammenwirkens von IASB, nationalen Standardsetzern, Regulierern, Prüfern und Anwendern;
  • es ist äußerst wichtig, eine klare Trennung zwischen Lehrmaterialien, Umsetzungshilfe und Interpretationen aufrecht zu erhalten.

Nationale Standardsetzer:

  • Nationale Standardsetzer können Lücken oder Uneinheitlichkeiten in Standards dem IASB zur Kenntnis bringen;
  • lokale Interpretationen sollten auf das absolut Notwendige beschränkt werden, es ist allerdings ratsam, mit nationalen Regulierern zusammenzuarbeiten, falls diese Interpretationen entwickeln wollen;
  • Feldversuche sind eine wichtige Aufgabe der nationalen Standardsetzer und können dabei helfen, rechtskreisspezifische Probleme zu identifizieren;
  • die eigenen Anwender auf Entwicklungen aufmerksam zu machen, ist eine wichtige Aufgabe der Standardsetzer, besonders für Unternehmen, die nicht über ausreichende Ressourcen verfügen, um Entwicklungen laufend zu verfolgen;
  • nationale Standardsetzer sollten die Portale für die Einreichung von Sachverhalten beim IFRS IC sein.

IASB:

  • Der IASB und das IFRS IC sollten schneller Ergebnisse veröffentlichen, wobei die Balance zwischen Zeitnähe und Qualität gewährt werden muss;
  • die Praxis, Sachverhalte zwischen dem IASB und dem IFRS IC hin- und herzuschieben, sollte abgeschafft werden;
  • das IFRS IC sollte häufiger tagen;
  • wenn das IFRS IC der Meinung ist, dass ein Problem nicht weit verbreitet ist, sollte es die Daten veröffentlichen, die dieser Schlussfolgerung zugrunde liegen;
  • negative Agendaentscheidungen sollten klarer sein, manchmal wäre es schon hilfreich, wenn die Anzahl der Optionen begrenzt wird;
  • da Agendaentscheidungen keine Übergangsleitlinien enthalten, kann es schwierig sein, sie umzusetzen.

IFASS

  • IFASS ist kein Interpretationsgremium;
  • bei IFASS-Sitzungen wird es weiterhin einen Sitzungsabschnitt geben, bei dem Sachverhalte vorgebracht werden können, die von einzelnen Standardsetzern identifiziert werden;
  • zusätzlich zu den Sitzungen sollte IFASS Wege finden, öfter zu kommunizieren, ggf. per Videokonferenz oder schriftlich.

Die beiden großen einhelligen Schlussfolgerungen - dass "einheitlich" nicht "identisch" bedeutet und dass lokale Interpretationen nicht wünschenswert sind, führten zu der Frage, wie weiter vorgegangen werden soll. Zum einen sollen die Ergebnisse und die Empfehlungen für die Arbeit des IASB dem IASB, der durch dessen stellvertretende Vorsitzende Sue Lloyd vertreten war, die gleichzeitig Vorsitzende des IFRS IC ist, zur Kenntnis gebracht werden. Außerdem kam IFASS zu dem Schluss, das Thema weiter voranzutreiben und Strukturen zu schaffen, die es ermöglichen, Sachverhalte zu sammeln, die von den nationalen Standardsetzern identifiziert werden. Dies könnte bspw. in Form einer Datenbank geschehen, die wenn möglich sogar mit der Datenbank des IASB verknüpft werden sollte, in der dieser Anfragen hinterlegt, sodass Standardsetzer sehen können, ob Sachverhalte, die sie identifizieren, bereits in anderen Rechtskreisen aufgetreten sind und/oder dem IASB zur Kenntnis gebracht wurden. Außerdem sollen Möglichkeiten untersucht werden, zwischen den Sitzungen zu kommunizieren. Eine kleine Arbeitsgruppe wird Lösungsvorschläge erarbeiten und diese bei der Herbstsitzung von IFASS vorstellen.

Zu einem späteren Zeitpunkt während der Sitzung antwortete die Vertreterin des IASB und erkannte an, dass die Diskussion wertvolle Einblicke gewährt habe, die sich der IASB aufzunehmen bemühen werde. Um der Wahrnehmung entgegenzutreten, dass das IFRS IC nicht sehr aktiv sei, präsentierte sie Statistiken, die zeigten, dass das Committee 2016 33 Sachverhalte diskutiert habe, von denen 25 adressiert worden seien (adressierte Sachverhalte beinhalten negative Agendaentscheidungen). Der IASB stellte außerdem beabsichtigte Verbesserungen an den bestehenden Prozessen vor, die im Wesentlichen im Bereich Kommunikation angesiedelt sind. Außerdem hielt er fest, dass er die nationalen Standardsetzer ermutigt, sich untereinander über Praxisfragen auszutauschen.

Die obige Zusammenfassung basiert auf unseren Beobachternotizen von der Sitzung. IFASS wird zu einem späteren Zeitpunkt eine Zusammenfassung aller bei der Sitzung erörterten Themen veröffentlichen.

Zugehörige Themen

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