Konferenz zur Rechnungslegung und
Rechenschaftspflicht für das regionale
Wirtschaftswachstum
Mexiko-Stadt, Mitschrift vom 14. Juni 2007
Größere Glaubwürdigkeit durch bessere Standards
Stavros Thomadakis, der Vorsitzende des Rats für
Aufsicht im öffentlichen Interesse (Public Interest
Oversight Board, PIOB) des internationalen
Wirtschaftsprüferverbandes (International Federation
of Accountants, IFAC), hielt eine Grundsatzrede und
sprach von den Reaktionen der Institute auf Fälle
von Versagen der Rechnungslegung, die in der
Öffentlichkeit großes Aufsehen erregten. IFAC als
Vertreter des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer
hat einige neue Vorgehensweisen und Aufsichtsmodelle
eingeführt, die der ausschlaggebenden Rolle von
Beteiligung der und Überprüfung durch die
Öffentlichkeit Rechnung tragen. Diese Neuerungen
trügen in ihrem Kern das ureigene Interesse der
Öffentlichkeit am Berufsstand der Wirtschaftsprüfer
und an ihren Standards.
Dr. Thomadakis führte aus, das die Neustrukturierung
des IASB ein herausragendes Beispiel für eine
Reaktion auf das Interesse der Öffentlichkeit an der
Rechnungslegung sei. Die Einführung von IFRS für
börsennotierte Unternehmen in der EU und anderswo in
Kombination mit dem derzeitigen Konvergenzprojekt
zeigte die erhöhte Glaubwürdigkeit, die die
internationale Rechnungslegung dadurch gewonnen
habe, dass man Standardsetzung vom Berufsstand der
Wirtschaftsprüfer trenne. Selbst wenn auf kurze
Sicht eine echte Konvergenz mit US-GAAP und anderen
Rechnungslegungsstandards nicht erreicht werden
könne, so werde man doch eines Tages erfolgreich
sein: Der Bedarf für Vergleichbarkeit wird den
Prozess vorantreiben.
Die Erfahrungen des IASB würden von IFAC bei der
Neuorganisation seiner Aktivitäten genutzt. Der PIOB
wurde im Jahr 2005 gegründet und stehe für eine
Bewegung hin zur Beteiligung von Außenstehenden. Er
solle gewisse Möglichkeiten und Mechanismen zur
Verfügung stellen, um sich mit externen Experten zu
beratschlagen. Dies habe zu einer erhöhten
Glaubwürdigkeit der Standards des IFAC geführt,
einschließlich der internationalen Prüfungsstandards
(International Standards on Auditing, ISA, des
ethischen Verhaltenskodex des IFAC, der Standards
für den öffentlichen Sektor und der
Ausbildungsstandards.
Sowohl für den IASB als auch für IFAC gelte, dass
ein transparenter Nominierungsprozess das Vertrauen
in den Prozess der Standardsetzung gestärkt habe.
Dadurch würden hochqualifizierte Kandidaten mit
verschiedensten beruflichen Hintergründen und
Erfahrungen angezogen. Alle Aktivitäten im
Zusammenhang mit Standardsetzung, die vom IASB und
von IFAC ausgeführt würden, folgten einem rigiden,
öffentlichen Konsultationsprozess, der Beteiligung
und Stellungnahme durch alle Anwendergruppen
fördere. Insgesamt also hätten beide Institutionen
einen klaren Willen gezeigt, sich zu ändern und
ihrem verkündeten Grundsatz, dem öffentlichen
Interesse zu dienen, treu zu bleiben.
Stärkung der Rolle des Berufstandes der
Wirtschaftsprüfer
Es folgten eine Reihe von Präsentationen, die sich
jeweils bestimmten Aspekten der Bemühungen, das
Vertrauen der Öffentlichkeit in die
Wirtschaftsprüfung zu stärken, widmeten.
John Kellas, der Vorsitzende des International
Auditing and Assurance Standards Board (IAASB),
sprach von den Herausforderungen der Konvergenz von
internationalen Standards.
Der IAASB ist überzeugt, dass die Übernahme von
internationalen Rechnungslegungsstandards der
Konvergenz vorzuziehen ist. Übernahme wird als die
realistischer Option für die meisten Rechtskreise
angesehen: Sie ist sinnvoll; sie erlaubt den
Rechtskreisen, an der Entwicklung der Standards
mitzuwirken; und es ist die schnellste Art und
Weise, das gewünschte Ziel zu erreichen. Er gestand
ein, dass man nicht in allen Rechtskreisen vom
gleichen Ausgangspunkt ausgehe: Industrieländer
könnten kulturellen oder philosophischen
Herausforderungen gegenüberstehen;
Entwicklungsländer und Schwellenländer
Herausforderungen bezüglich der Fähigkeit gegenüber,
mit der Veränderung der Architektur der
Rechnungslegung fertig zu werden.
IFAC hilft seinen Mitgliedern gemeinsam mit den
nationalen Standardsetzern, diese Herausforderungen
zu meistern. Er fühlt sich dem Ziel verpflichtet,
hochwertige Standards, die jedem Rechtskreis gerecht
werden, zu entwickeln und dadurch allen
Rechtskreisen die Möglichkeit zu geben, diese zu
übernehmen. Die Aktivitäten des IFAC gehen über
Prüfungsstandards hinaus. Die erfolgreiche
Einführung von ISA geht einher mit internationalen
Standards zur Qualitätskontrolle, dem ethischen
Verhaltenskodex des IFAC, Unsetzungshinweisen,
Aus-und Weiterbildung und Überwachung und
Durchsetzung.
Anthony Hegarty von der Weltbank sprach über die
Herausforderungen, denen sich der Berufsstand der
Wirtschaftsprüfer in den Entwicklungsländern
gegenüber sieht. Er wies auf die Rolle hin, die der
Berufsstand der Wirtschaftsprüfer beim
internationalen Kampf gegen die Armut spiele, und
hob hervor, dass gute Unternehmensführung – sowohl
in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen
Sektor – unabdingbar für wirtschaftliches Wachstum
sei. Die Weltbank hat eine Strategie zu
Unternehmensführung und Bekämpfung der Korruption (governance
and anti-corruption, GAC) entwickelt, die sich einer
verbesserten Finanzverwaltung der Hilfen der
Weltbank auf globaler, Landes- und Projektebene
widmet. Im Rahmen der GAC-Strategie hat die Weltbank
eine Reihe von Einschätzungen von der
Rechenschaftspflicht eines jeden Landes vorgenommen,
die einige übergreifende Sachverhalte zu Tage
brachten. Der bedeutendste Sachverhalt war ein
Kapazitätsproblem in vielen Ländern.
Die Weltbank arbeitet mit den Empfängerländern
zusammen, um diese strukturellen Herausforderungen
zu meistern. Man hat jedoch festgestellte, dass
jeder Aktionsplan bestimmte Kriterien erfüllen muss,
um effektiv zu sein: Jeder Aktionsplan muss Teil der
Rechtsprechung des betroffenen Rechtskreises sein;
er muss auf die Nöte eines jeden Rechtskreises
zugeschnitten sein; er muss ein umfassendes und
realistisches Einführungsprogramm beinhalten; und er
muss die Unterstützung der Gebereinrichtung haben.
Er schloss mit der Bemerkung, dass die erhöhten
Welthilfezusagen des Millenniumprojekts der
Geberländer auf verbesserte Unternehmensführung und
Finanzverwaltung in den Empfängerländern treffen
müsse.
Russell Guthrie von IFAC stellte die Initiativen
vor, die IFAC angestoßen habe, um den Berufsstand
der Wirtschaftsprüfer zu stärken. Er sprach
insbesondere über das Einhaltungsprogramm der
Mitgliedsorgane (Member Body Compliance Programme).
Das Programm ist Teil der Aufstellung der
Mitgliederverpflichtungen und basiert auf dem
Prinzip der Förderung und Verbesserung. Das Programm
verlangt eine lokale Verpflichtung auf die
Mitgliederverpflichtungen und ermutigt zu steter
Kommunikation zwischen Mitgliedsorgan und IFAC. Ein
nachweisbarer Fortschritt gehört zu den
Anforderungen des Programms (der sich allerdings
über viele Jahre hinziehen kann). Die
Nichteinhaltung der Mitgliederverpflichtungen kann
(und hat) zum Aussetzen oder zur Widerrufung der
IFAC-Mitgliedschaft führen.
Schließlich wies Herr Guthrie noch auf die wichtige
Arbeit hin, die vom Komitee für Entwicklungsländer (Developing
Nations Committee, DNC) geleistet wird, das den
Mitgliedsorganen bei der Umsetzung ihrer
Aktionspläne hilft. Das DNC hat eine große Menge von
Materialien für den Berufsstand der
Wirtschaftsprüfer in Entwicklungsländern entwickelt.
Luis Moiron Llosa, der Präsident des mexikanischen
Verbandes der Wirtschaftsprüfer, sprach über die
Notwendigkeit dessen, dass sich der Berufstand der
Wirtschaftsprüfer ein Profil jenseits der
öffentlichen Rechenschaftspflicht schaffen müsse.
Man müsse sich als integraler Bestandteil von Aus-
und Weiterbildung, von Regierungsaufgaben und des
Wirtschaftssektors darstellen. Es sei von besonderer
Wichtigkeit, dass man in den Bereichen der KMU und
der kleinen und mittelgroßen Prüfungsgesellschaften
aktiv sei und deutliche Beiträge leiste. Diese
Bereiche sind maßgeblich für das Wachstum in
Lateinamerika verantwortlich.
Einzelveranstaltung – Sicherstellung der
Rechenschaftspflicht von Regierungen und die Rolle
der obersten Rechnungslegungskontrollbehörden
Ein Podium von Abgeordneten der obersten
Rechnungslegungskontrollbehörden (Supreme Audit
Institutions, SAI) aus Brasilien, Costa Rica, der
Dominikanischen Republik, El Salvador, Peru und
Tansania diskutierte über Aspekte der Sicherstellung
der Einhaltung von Rechenschaftspflichten von
Regierungen. Durch ihre Verantwortung für die
externe Prüfung von Regierungen, sind SAI zu
wichtigen Mitarbeitern in der Regierungsarbeit
geworden, indem sie die der Verhinderung von Betrug,
Geldwäsche und andere Formen von Korruption helfen.
In einigen Rechtskreisen gibt es eine dynamische
Beziehung zwischen den Prüfern und den Gesetzgebern.
SAI tragen außerdem dazu bei, die Kapazität des
Berufstandes der Wirtschaftsprüfer in Lateinamerika
und der Karibik zu verbessern und die Rolle des
ethischen Verhaltenskodexes des IFAC in ihren
Ländern zu verbessern. Es gibt eine zunehmende
Kooperation von dieser Region mit SAI, die mehr
Erfahrung mit der Anwendung moderner Standards haben
– zum Beispiel mit denen aus Kanada und Groß
Britannien. Dies beinhaltet die Entsendung von
Mitarbeitern nach Kanada oder Groß Britannien (und
in andere Industrieländer). Darüber hinaus besteht
ein zunehmendes Bewusstsein, dass auch SAI eines
Peer Reviews bedürfen, so dass alle SAI der Region
international beste, ausgeübte Praxis anwenden.
Eine fördernde Umgebung für Wachstum und Entwicklung
schaffen: Die Rolle der Regierung
Die zweite Plenarsitzung des Tages widmete sich der
Rolle der Regierung.
Stephanie Fox, fachliche Direktorin des
International Public Sector Accounting Standards
Board (IPSASB) des IFAC, stellte die derzeitige
Arbeit und die derzeitigen Ziele des IPSASB vor. Der
IPSASB ist der Meinung, dass die Rechnungslegung der
Regierungen wichtig sei, da finanzielle
Verantwortlichkeit unabdingbar für eine
demokratische Regierung sei. Die Steuerzahler hätten
ein Recht auf hochwertige Rechnungslegung:
Regierungen seien ihren Bürgern
rechenschaftspflichtig, aber Regierungen bräuchten
auch zeitnahe und akkurate Finanzinformationen, um
ihre Ressourcen zu verwalten.
Das derzeitige Arbeitsprogramm des IPSASB beinhaltet
vier Strategische Themen: Ein Rahmenkonzept für den
öffentlichen Sektor, das sich soweit wie möglich auf
dasjenige, das vom IASB entwickelt wird, stützt;
Konvergenz mit den IFRS solange diese nicht in
Konflikt mit spezifischen Anforderungen des
öffentlichen Sektors stehen; gewisse Sachverhalte,
die dem öffentlichen Sektor eigen sind, wie zum
Beispiel Konvergenz mit der statistischen
Ausgangsebene der Rechnungslegung; und Förderung und
Kommunikation. International Public Sector
Accounting Standards (IPSAS) werden mehr und mehr
zum Bezugspunkt für Mehrzweckabschlüsse von
Regierungen. Eine erfolgreiche Einführung dieser
Standards hängt allerdings davon ab, dass
Regierungen erkennen, dass sie IPSAS und eine starke
externe Prüfung sowie einen politischen Willen in
ihrem Rechtskreis brauchen. Die Einführung verlangt
eine angemessene Planung; und Anleitung von
weiterentwickelten Rechtskreisen kann sehr hilfreich
sein.
Joăo Batista Fraga aus Brasilien widmete seine
Ausführungen der Bedeutung von Durchsetzung für eine
verlässliche Regierungsführung. Anhand des Beispiels
des brasilianischen Novo Mercado („Neuer Markt‟)
zeigte er, wie eine Initiative aus der
Privatwirtschaft ein lebendiger Markt entstanden
sei, der wichtige ausländische Investitionen
anlocke. Der Novo Mercado hat zu einem Wandel der
Unternehmenskulturen durch die Einführung von
hochwertiger Praxis der Unternehmensführung geführt.
Hector Dominguez aus Argentinien führte aus, dass
eine effektive externe Prüfung ein wichtiger
Bestandteil der Überwachung von Finanzinstituten in
Argentinien sei. Die externe Prüfung ergänzt die
Arbeit der Zentralbank. Unabhängigkeit wird durch
zwangsweise stattfindende Rotation der
Prüfungsmandate alle fünf Jahre erreicht.
Ernesto Jeger vom Brasilianischen Büro des
britischen Ministeriums für internationale
Entwicklung (Department for International
Development, DFID) zeigte auf, wie Regierungen und
ihre Entwicklungspartner zusammenarbeiten können, um
effektive Ergebnisse zu erzielen. Am Beispiel von
Brasilien hob er hervor, wie ein kohärenter und
koordinierter Ansatz zu einer verbesserten Struktur
der SAI auf allen Regierungsebenen in Brasilien
geführt habe – auf Bundesebene, Landesebene und
kommunaler Ebene.
Einzelveranstaltung – Rechnungslegung in regulierten
Sektoren: Vereinbarkeit aufsichtsrechtlicher und
Finanzberichterstattung
Ein Podium von Abgeordneten von Aufsichtsbehörden
für Finanzinstitute aus Brasilien, Deutschland,
Mexiko und Spanien diskutierte die
Herausforderungen, denen sich Aufsichts- und
Regulierungsbehörden gegenübersehen, wenn die
Mehrzweckabschlüsse von Finanzinstituten nach IFRS
aufgestellt werden, die in Teilen von der
aufsichtsrechtlichen Praxis der Berichterstattung
abweichen können. Es herrschte Übereinstimmung, dass
Mehrzweckabschlüsse normalerweise nicht den
Anforderungen an die aufsichtsrechtliche
Berichterstattung genügen. Es sei jedoch
ineffizient, zwei Sätze von Buchführungsunterlagen
zu haben – einen für IFRS und einen für die
aufsichtsrechtliche Berichterstattung. Der
wahrscheinlichste Ansatz sei, zumindest für den
Moment, eine Art von „IFRS übergeleitet auf
aufsichtsrechtliche Berichterstattung‟.
Die Podiumsmitglieder teilten ihre Erfahrungen mit
und hielten fest, dass auf regulatorischer Ebene
bereits Konvergenz stattfinde. Basel II sei ein
Beispiel für regulatorische Konvergenz im
Bankenbereich; der Versicherungsbereich sei weniger
weit, aber würde mit Hilfe der International
Vereinigung der Versicherungsaufsichten
(International Association of Insurance Supervisors,
IAIS) Fortschritte machen.
Vom Moderator nach den maßgeblichsten Unterschieden
in Ansatz und Bewertung befragt nannten die
Podiumsteilnehmer Rücklagenbewertung und das
Ungleichgewicht von Vermögenswerten und
Versicherungsschulden (für Versicherungsunternehmen)
und die Verlässlichkeit des beizulegenden Zeitwerts,
immaterielle Vermögenswerte im Zusammenhang mit
Sichteinlagen und hybride Finanzinstrumente (für
Banken). |