Notizen von der ISSB-Sitzung diese Woche
21.07.2022
Der International Sustainability Standards Board (ISSB) hat gestern und heute seine erste Sitzung in Frankfurt abgehalten. Beobachter des IFRS and Corporate Reporting Centre of Excellence von Deloitte Deutschland haben die Sitzung für Sie beobachtet und Fragen und Erörterungen für Sie zusammengefasst.
Konsultation zu Prioritäten bei der Agendabestimmung
Einführung
Der ISSB-Vorsitzende Emmanuel Faber führte in die Sitzung ein und hielt insbesondere Folgendes fest:
- Bekanntgabe des vollständigen Boards soll in den kommenden Wochen erfolgen
- Konsultation zu den Entwürfen läuft noch bis kommende Woche (29. Juli 2022), er schloss einen nochmaligen Aufruf zur Teilnahme an
- Parallel zur Auswertung der Konsultation wird an den weiterführenden Standards gearbeitet (Klimastandard stellt lediglich einen Anfang dar)
- Sitzung dient der Vorstellung und Diskussion der Papiere AP1 und AP1A
Überblick über das Projekt
Das Agendapapier AP1 betraf die öffentliche Konsultation und ist wie folgt strukturiert:
- Überblick über das Projekt
- Überblick über den Ansatz
- Bereits abgeschlossene Schritte
- Künftiger Ansatz
Behandelt werden unter anderem die Konnektivität und Zusammenarbeit mit dem IASB sowie die Interoperabilität mit anderen nachhaltigkeitsbezogenen Standards. Zentrale Bedeutung hat vor allem der künftige Ansatz, darunter die Festlegung des Umfangs der Vorschläge sowie die Bewertung der Vorschläge anhand von Kriterien.
Folgende Fragen für den ISSB sind im Papier enthalten:
- Hat der ISSB Fragen oder Anmerkungen zum Inhalt dieses Papiers?
- Hat der ISSB Fragen oder Anmerkungen zu den Überlegungen zum strategischen Gleichgewicht des ISSB in den Ziffern 8-16?
- Gibt es zusätzliche Punkte, die in diesem Papier nicht enthalten sind und die im Zusammenhang mit dem strategischen Gleichgewicht des ISSB berücksichtigt werden sollten?
- Sind die vorgeschlagenen Kriterien für die Bewertung der Priorität von Projekten angemessen (siehe Ziffer 18)? (Warum oder warum nicht?)
- Sollte der ISSB weitere Kriterien berücksichtigen? (Wenn ja, welche zusätzlichen Kriterien sollten berücksichtigt werden und warum?)
Es wurde angemerkt, dass ein Zweijahreszeitraum zu wenig sein könnte, da fraglich sei, ob alle aufkommenden Punkte umgesetzt werden können. Dies sei allerdings eine grundsätzliche Herausforderung in der Standardsetzung. Hier würde sich eine Frage an die Interessengruppen ergeben: Wieviel Zeit sollte für die Implementierung der Anforderungen eingeplant werden?
Es bestand Einigkeit, dass Klima ein zentrales Thema darstellt. Offen sei allerdings, welches das nächste „große“ Thema wird. Auch wurde angemerkt, dass die Kriterien auf den Kriterien des IASB basieren und grundsätzlich gut gewählt seien, allerdings bleibe der Aspekt der jeweiligen Jurisdiktion etwas außen vor. Gefragt wurde auch nach der Interaktion des potenziellen Projekts mit anderen Projekten auf dem Arbeitsplan des ISSB. So würden klima- und naturbezogene Themen (Meeresressourcen, Biodiversität etc) nur zusammen funktionieren. Auch zeige sich oft, dass soziale Themen in den Vordergrund rücken, sodass diese ebenfalls mit dem Klima zusammenhängen.
Weitere Anmerkungen waren die folgenden:
- Der Entwurf hat einen guten Stand, ist sehr umfassend.
- Der Stab schlägt vor, ein zusätzliches Kriterium in Betracht ziehen, dass sich auf die Relevanz für die in den internationalen Rechtsordnungen geltenden Meldepflichten fokussiert.
- Themen wie Datenschutz gehen über das Thema Nachhaltigkeit hinaus und müssen daher betrachtet werden.
- Offen ist die Frage nach der Messbarkeit einiger Kriterien.
Die Kapazität des ISSB ist beschränkt - gibt es Überlegungen, Themen auszulagern?
Punkte, die bei der Entwicklung einer Bitte um Informationsübermittlung in Erwägung gezogen werden sollten
Agendapapier 1A enthält eine vorläufige Liste von allgemein definierten Punkten, die zu berücksichtigen sind, wenn der ISSB einen Bitte um Informationsübermittlung vorbereitet, um von den Interessengruppen Rückmeldung zu den Prioritäten seiner zukunftsorientierten Agenda einzuholen. Die vorläufige Liste enthält Themen, die im Großen und Ganzen definiert sind, die aber noch eine weitere Verfeinerung und einer Definition des Umfangs bedürfen, um spezifische Projektvorschläge zu definieren. Die vorläufige Liste enthält auch Beschreibungen potenzieller Projekte, die in Abstimmung mit dem IASB durchgeführt werden sollen und die Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zwischen dem ISSB und IASB aufzeigen, mit dem Ziel, eine Verbindung zwischen nachhaltigkeitsbezogenen Berichten und den Jahresabschlüssen zu ermöglichen.
Agendapapier 1A ist wie folgt strukturiert:
- Weit gefasste Themen (Ziffern 10-44)
- Branchenbezogene Anforderungen und SASB-Projektportfolio (Ziffern 45-85)
- Mögliche Projekte, die in Abstimmung mit dem IASB durchgeführt werden sollen (Ziffern 86-95)
Folgende Fragen für den ISSB sind im Papier enthalten:
- Was sind die ersten Beobachtungen der Boardmitglieder zu den ermittelten Punkten und welche Überlegungen sollten bei der Vorbereitung künftiger Entscheidungen berücksichtigt werden?
- Sollten weitere Punkte berücksichtigt werden, die nicht in diesem Papier beschrieben sind? (Wenn ja, um welche Punkte handelt es sich und warum sind sie wichtig?)
Es wurde auch angemerkt, dass Corporate Governance als weitgefasstes Thema sollte zusätzlich berücksichtigt werden sollte.
Die Boardmitglieder machten folgende Anmerkungen:
- Konzeptionelle Rahmenwerke sind für die Entwicklung qualitativ hochwertiger Standards unerlässlich und erleichtern das Marktverständnis und Vertrauen in diese Standards.
- Themen wie z. B. Lieferkette sind teilweise auf verschiedene Metriken verteilt und sollten zusammengeführt werden.
- Das Thema Unternehmenswert sollte vereinfacht und verstärkt werden.
- ES sollte ein stärkerer Fokus auf die Betrachtungsweise von branchenbasierten Standards gelegt werden. Hier ergibt sich eine Möglichkeit zur Vereinfachung gegenüber einer vollständigen Anwendung. Dabei seien aber tiefergehende Arbeiten seitens ISSB notwendig.
- Die Herausforderungen der branchenbasierten Standards sollten deutlicher herausgearbeitet werden.
- Standards sowie die Berichterstattung selbst sollen vernetzt werden und bieten so die Chance für die Zusammenarbeit zwischen IASB und ISSB.
Klimabezogene Angaben und Allgemeine Vorschriften für die Angabe von nachhaltigkeitsbezogenen Finanzinformationen
Überblick über die Entwürfe und bis zum 7. Juli 2022 erhaltene Rückmeldungen
Quellen der Rückmeldungen
Während eine abschließende Zusammenfassung der Rückmeldungen für die Sitzung im September 2022 geplant ist, gab es bei dieser Sitzung bereits eine Vorstellung der Entstehungs- und Entwicklungsphase der Entwürfe und der ersten Rückmeldungen. Die Zielsetzung hinter den durchgeführten Einbindungsveranstaltungen umfasste die Bereitstellung von Informationen, die Erhöhung der Responsivität der Interessengruppen den Erhalt von fachlichen Rückmeldungen. Gespräche wurden u.a. mit folgenden Interessengruppen geführt:
- Standardsetzer für Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen
- Standardsetzer für Klimaberichterstattung (über Methoden und Praktiken für die Berichterstattung über Treibhausgasemissionen)
Die Rückmeldungen, die die Grundlage der Diskussionen im Juli 2022 bilden, umfassen lediglich die Einbindungsveranstaltungen und die fachlichen Austausche, nicht aber die Stellungnahmen und Online-Befragungen.
Allgemeine Vorschriften
Der Stab stellte die Identifizierung verschiedener Bereiche mit und ohne Notwendigkeit weiterer Überlegungen auf Grundlage der vorläufigen Rückmeldungen vor. Diskutiert wurde vor allem die Notwendigkeit der Klarstellung von für alle Unternehmen verpflichtend offenzulegenden Informationen und branchenbezogenen Verpflichtungen. In den Rückmeldungen wurden insbesondere Klarstellungen hinsichtlich der Berücksichtigung von Auswirkungen auf den Unternehmenswert (double materiality) gefordert – einzelne ISSB-Mitglieder unterstützen dies.
Generell wurde gefragt, wie die ISSB-Entwürfe zu anderen Entwicklungen, zum Beispiel den Vorschlägen der SEC und von EFRAG, passen. Die Investoren unterstützten globale Standards, die zu einer einheitlichen und vergleichbaren Nachhaltigkeitsberichterstattung führen. Übergreifend wurden auch die Anwendung durch KMU sowie Aufbau von Kapazitäten erörtert.
Klimaberichterstattung
Der Stab stellte die Identifizierung verschiedener Bereiche mit und ohne Notwendigkeit weiterer Überlegungen auf Grundlage der vorläufigen Rückmeldungen vor.
Es erfolgte eine Diskussion der Auswirkungen von Carbon Offsets auf die geforderte Transparenz; insbesondere wurde festgehalten, dass eine Klarstellung wünschenswert sei, dass die Zulässigkeit je nach Jurisdiktion unterschiedlich sein kann. Unternehmen sollten auch offenlegen, ob die konkret formulierten Ziele Carbon Offsets berücksichtigen oder nicht.
Des Weiteren wurde die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Anforderungen und Entwicklungen der Regulatorik explizit hervorgehoben.
Ein weiterer Diskussionspunkt waren die Herausforderungen bei der Bereitstellung von Informationen über aktuelle und erwartete Auswirkungen, u.a. beim Umgang mit Bewertungsunsicherheiten aufgrund von Annahmen und Schätzungen. Es gibt erhebliche Überschneidungen zwischen den beiden Entwürfen in diesem Bereich, und ein einheitlicher Ansatz ist erforderlich.