Viertes Forschungsforum des IASB - Bericht von der Veranstaltung

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29.11.2017

Der International Accounting Standards Board (IASB) hat am 28. and 29. November 2017 sein viertes Forschungsforum in Brüssel abgehalten. Wir stellen Ihnen den Bericht eines Mitglieds des deutschen Centre of Excellence von Deloitte in Frankfurt zur Verfügung, das an dem Forum teilgenommen hat.

Am 28. und 29. November 2017 hat der IASB in Zusammenarbeit mit der European Accounting Review und Accounting in Europe (beides Fachzeitschriften der European Accounting Association) das jährliche IASB Forschungsforum abgehalten. In diesem Jahr fand das Forum in Brüssel statt und es nahmen jeweils 50 ausgewählte Wissenschaftler und Praktiker aus einer Vielzahl von Ländern teil. Am ersten Tag wurden fünf wissenschaftliche Papiere von den jeweiligen Verfassern vorgestellt und nach jedem Vortrag befassten sich zunächst ein Vertreter aus der Wissenschaft und im Anschluss ein Mitglied des IASB kritisch und ergänzend mit den einzelnen Inhalten. Danach hatten alle Teilnehmer die Gelegenheit, Fragen zu stellen und den im jeweiligen Papier gewählten wissenschaftlichen Ansatz sowie die Ergebnisse zu hinterfragen. Die Teilnehmer machten von dieser Möglichkeit regen Gebrauch und so entwickelten sich lebhafte Diskussionen zu den einzelnen Themen.

Nach einer Einführung durch ein IASB-Mitglied stellten die Verfasser des ersten Papiers eine empirische Studie vor, in der die Auswirkungen von Rechnungslegungs­änderun­gen bezüglich der Bilanzierung von Pensionen auf die Investitionsentscheidungen von betroffenen Unternehmen in Deutschland untersucht wurden. Konkreter Gegenstand der Analyse waren die im Jahr 2011 veröffentlichten Änderungen an IAS 19, durch die die sog. Korridormethode abgeschafft wurde, mit der eine erhebliche Ergebnisglättung erreicht werden konnte. Die durch diese Änderung resultierende gestiegene Eigenkapitalvolatilität, so die Hypothese der Verfasser, müsste die Pensionsfondsinvestitionen der Unternehmen in der Art beeinflussen, dass es zu einer vermehrten Investition in Anleihen und einer verringerten Investition in Eigenkapitalinstrumente kommt. Als Kontrollgruppe wurden Unternehmen herangezogen, die auch vor der Änderung von IAS 19 die sog. OCI-Methode und somit nicht die Korridormethode angewandt haben. Unter Heranziehung von Ergebnissen aus Interviews stützen die empirischen Analysen die Hypothese der Verfasser und zeigen, dass Rechnungslegungsstandards zu sog. realen Effekten führen können.

Der nächste Tagesordnungspunkt betraf das IFRS Rahmenkonzept, mit dem sich das zweite und dritte Papier befassten. Im ersten dieser beiden Papiere identifizierten die Verfasser Lücken im Rahmenkonzept, die nach ihrem Verständnis auch die aktuell vom IASB durchgeführte Überarbeitung des Rahmenkonzepts nicht beseitigt wurden. Die Verfasser kritisieren, dass das Rahmenkonzept dem IASB (und den Anwendern) erstaunlich wenig Hilfestellung gebe zu ermitteln, ob und wie Vermögenswerte, Schulden, Aufwendungen und Erträge anzusetzen und wie sie zu bewerten sind. Der Fokus des Rahmenkonzepts auf Vermögenswerte und Schulden impliziere zudem, so die Verfasser weiter, dass die Bilanzierung von der Bilanz auszugehen habe, obwohl viele der bestehenden Rechnungslegungsanforderungen sich initial auf die Ergebnisrechnung bezögen. Im zweiten Papier zum Rahmenkonzept setzen sich die Verfasser mit dem auch im aktuellen Entwurf eines überarbeiteten Rahmenkonzepts enthaltenen gemischten Bewertungs- und Transaktionsansatz bei der Einkommensermittlung auseinander. Dabei kritisieren sie, dass sich das Rahmenkonzept nicht eindeutig zwischen einem einfachen und einem dualen Erfolgskonzept entscheide, was dazu führe, dass das im Rahmenkonzept enthaltene Modell der finanziellen Berichterstattung in gewisser Weise inkonsistent sei.

Im vierten Papier des Tages analysierten die Verfasser konzeptionelle Probleme der aktuell geltenden Regeln zur Bilanzierung von latenten Steuern. Um die Relevanz der in diesem Zusammenhang veröffentlichten Beträge zu steigern, schlagen die Verfasser vor, dass latente Steuern nur bei Vorliegen temporärer Differenzen angesetzt werden sollten, die in tatsächlichen Steuerzahlungen oder -rückerstattungen resultieren. Darüber hinaus setzten sich die Verfasser kritisch mit den verschiedenen Ausnahmeregeln in IAS 12 auseinander, argumentierten für die Einführung einer einheitlichen Ansatzschwelle für aktive und passive latente Steuern und forderten die Abzinsung von latenten Steuerpositionen. Den Abschluss des ersten Forumstages bildete die im fünften Papier des Tages gestellte Frage, ob stärker prinzipienbasierte Regelungen zu Anhangangaben tatsächlich die derzeit häufig bestehenden Mängel bei den Anhangangaben beheben könnte. Auf Basis einer umfassenden Literaturanalyse vertraten die Verfasser die Auffassung, dass ein größerer Fokus auf Prinzipien allein nicht ausreiche, sondern dass dies durch eine Klarstellung des Zwecks der spezifischen Regelungen zu Anhangangaben in den einzelnen IFRS begleitet werden müsse.

Am zweiten Tag des Forschungsforums wurden keine Papiere vorgestellt, sondern die Teilnehmer wurden vielmehr zunächst in zwei, sich aktuell im Arbeitsplan des IASB enthaltene Themenbereiche eingeführt und näherten sich einigen wesentlichen damit zusammenhängenden Fragestellungen im Anschluss durch die Bearbeitung von Fallstudien. Der Vormittag des zweiten Tages war Finanzinstrumenten mit Eigenschaften von Eigenkapital vorbehalten und die Teilnehmer hatten insgesamt fünf Beispiele zu bearbeiten. Hierbei waren u.a. die Fragen zu beantworten, welche Merkmale die jeweiligen Finanzinstrumente aufweisen und ob sie als Eigenkapital oder Fremdkapital zu klassifizieren sind. Am Nachmittag hatten sich die Teilnehmer nach einer Einführung mit der Frage auseinanderzusetzen, was genau unter „interest“ (Zinsen) in der Kennzahl EBIT zu verstehen ist. Dabei waren insgesamt sieben Szenarios zu bearbeiten.

Der IASB richtet das Forschungsforum seit vier Jahren aus und es fand bislang in Europa, Asien und Nordamerika statt. Beim fünften IASB Forschungsforum im Jahr 2018 werden sich Wissenschaftler und Praktiker in Sydney, Australien zusammenfinden – diesmal in Zusammenarbeit mit der Rechnungslegungs-Fachzeitschrift Abacus.

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