Podiumsdiskussion zur Lageberichterstattung bei der WSS-Sitzung
02.10.2018
Bei der Sitzung der Gruppe der Weltstandardsetzer (WSS), die derzeit in London stattfindet, moderierte IASB-Mitglied Nick Anderson eine Podiumsdiskussion zum IASB-Projekt, das der Aktualisierung des Leitliniendokument zur Lageberichterstattung gilt.
Die Podiumsteilnehmer waren alle Mitglieder der Beratungsgruppe für die Überarbeitung des Leitliniendokuments zur Lageberichterstattung des IASB: Kris Peach, Vorsitzende des australischen Standardsetzers AASB, Ryoko Ueda von Mizuho International und DRSC-Präsident Prof. Dr. Andreas Barckow.
Da alle Diskussionsteilnehmer Mitglieder der Beratungsgruppe sind, die am vergangenen Freitag ihre erste Sitzung abhielt, begann die Diskussion mit der Frage, warum die Diskussionsteilnehmer sich für eine Mitgliedschaft in der Beratungsgruppe beworben haben und welche Perspektiven und Erkenntnisse sie in die Debatte einbringen wollen. Peach erklärte, dass sie das Projekt für entscheidend für das IASB halte und dass die Standardsetzer Teil der allgemeineren Debatte sein müssten, um einen gemeinsamen Ansatz zu gewährleisten. Ueda verwies auf den Lagebericht als Brücke zwischen Investoren und Unternehmen. Und Barckow erklärte, dass Deutschland seit 15 Jahren über einen ausgereiften Standard für Lageberichterstattung (DRS 20) verfügt und dass er hoffe, durch den Beitrag von gemachten Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnissen zur Entwicklung eines internationalen Standards beizutragen.
Als die dringlichsten Sachverhalte, die der Board bei der Überarbeitung des Leitliniendokuments adressieren sollte, hielten die Podiumsteilnehmer fest, dass Unternehmen, um ihre Geschichte einheitlich und stimmig erzählen zu können, einen Rahmen benötigen, der eine umfassende und vollständige Berichterstattung ermöglicht, die finanzielle und nicht-finanzielle Informationen miteinander verbindet. Es wurde auch festgestellt, dass es derzeit an einer Berichterstattung über Risiken über das Risiko von Finanzinstrumenten hinaus mangelt. Vor diesem Hintergrund und im Zusammenhang mit der Frage, ob die Standardsetzer ein Mandat haben, sich in der nichtfinanziellen Berichterstattung zu betätigen, wurde auch festgestellt, dass ein Großteil der nichtfinanziellen Informationen tatsächlich nicht nichtfinanziell, sondern vorfinanziell ist, da diese zu einem späteren Zeitpunkt Auswirkungen haben und sich im Jahresabschluss eines Unternehmens niederschlagen werden, so dass die Frage, was zu berichten ist, eher eine Frage des Zeitpunkts ist.
Die Diskussion drehte sich dann um zwei entscheidende Fragen. Sollte sich der Ansatz des Projekts auf Vergleichbarkeit konzentrieren, was letztendlich zu sehr vergleichbaren Aussagen führen könnte, die jedoch meist hohle Phrasen und damit nutzlos sind, oder sollte ein Managementansatz bevorzugt werden, der mit einer geringeren Vergleichbarkeit verbunden wäre? Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den beiden Positionen zu wahren ist. Und sollte das Leitliniendokument verpflichtend gemacht werden, um eine einheitliche Anwendung und Vergleichbarkeit zu fördern? Die Diskussionsteilnehmer stellten fest, dass alle anderen IASB-Verlautbarungen verpflichtend sind und dass die Leitliniendokumente im Kanon der IFRS-Literatur seltsame Ausnahmen darstellen. Es wurde darauf festgehalten, dass das Leitliniendokument langfristig verbindlich werden sollte, jedoch wurde auch eingestanden, dass dies nur schrittweise erreicht werden kann.
Da die Qualität der Lageberichte von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich ist, wurden die Podiumsteilnehmer gefragt, was getan werden kann, um die Qualität insgesamt zu erhöhen. Zu den Vorschlägen gehörte die Empfehlung, die Einhaltungserklärung in IAS 1 auszuweiten, sodass Unternehmen angeben müssen, ob das Leitliniendokument angewendet wurde, und Unternehmen darauf aufmerksam gemacht werden, dass es diese guten Leitlinien gibt. Und es wurde vorgeschlagen, Beispiele für gute ausgeübte Praxis zu sammeln und zur Verfügung zu stellen. Die Vertreterin der Adressaten betonte, wie wichtig der Dialog mit den Adressaten ist, um zu verstehen, was diese wollen und brauchen.
Eine Frage aus dem Publikum löste eine Diskussion über integrierte Berichterstattung in Abgrenzung zur Lageberichterstattung aus. Auf das IIRC-Rahmenkonzept wurde verwiesen. Auf dem Podium wurde festgestellt, dass das IIRC-Rahmenkonzept eine der verfügbaren Quellen ist, auf die das IASB zurückgreifen kann, aber dass es darüber hinaus viele weitere Quellen gibt. In diesem Zusammenhang verwiesen der Stab des IASB auch auf den Projektumfang, der bei der Einführung in die Podiumsdiskussion erläutert worden war (siehe Folie 3 des Agendapapiers für die Diskussion). Der gleiche Verweis wurde wiederholt, als die Frage nach ESG-Berichterstattung in Abgrenzung zur Lageberichterstattung aufkam. Bezüglich der ESG-Faktoren wurde auch festgestellt, dass man sie unter zwei Gesichtspunkten betrachten kann: Finanzberichterstattung und politischer Wille. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass das Rahmenkonzept das starke Rückgrat des Projekts des IASB ist, da es dazu beitragen wird, zu bestimmen, inwieweit ESG-Faktoren im Lagebericht berücksichtigt werden müssen, um sicherzustellen, dass dieser konsistente, konzise, vergleichbare, relevante, neutrale und entscheidungsnützliche Informationen darüber liefert, ob das Unternehmen und sein Geschäftsmodell langfristig nachhaltig sind.
Auf die für die Diskussion vorbereiteten Fragen zurückzukommend, wurden die Diskussionsteilnehmer nach dem Darstellungsformat des Lageberichts gefragt. Ueda erklärte mit Nachdruck, dass sich die narrative Berichterstattung zwar stark von der Finanzberichterstattung unterscheide, dass aber der verbindende Aspekt die Qualität sein müsse: dass beide Formen der Berichterstattung klar und präzise sein müssen und die Bedürfnisse der Nutzer erfüllen müssen. Barckow wies darauf hin, dass der Ansatz, den Lagebericht als nachgelagert zu betrachten und zu überlegen, wie die Berichterstattung in diesem Format der Finanzberichterstattung ähnlicher gestaltet werden kann, d.h. zuerst über die Finanzdaten nachzudenken und sie dann durch einen Lagebericht zu ergänzen, vielleicht bedeute, in der falschen Reihenfolge vorzugehen. Vielleicht sollte zuerst der Lagebericht kommen und dann das Nachdenken darüber, wie dieser übergreifende Bericht über die Strategie und das langfristige Ziel des Unternehmens durch Finanzdaten unterstützt und im Abschluss reflektiert werden kann.
Schließlich wurden die Standardsetzer auf dem Podium gefragt, ob sie nicht besorgt wären, Vorschriften zu duplizieren, die in ihrem Land bereits existierten. Peach erklärte, dass in Australien zwar Vorschriften bestehen, aber der übergreifende Rahmen, der sicherstellen würde, dass alle berichteten Informationen wesentlich, wichtig, überprüfbar, zuverlässig, neutral und ausgewogen sind, noch fehlt. Bislang habe sie nichts gesehen, was die lokalen Vorschriften duplizieren oder ihnen gar widersprechen würde. Barckow, der feststellte, dass er gerne den deutsche Standard international lizenzieren würde, bemerkte, dass es für die nationalen Standardsetzer viel einfacher sei, Standards und Rahmen zu entwickeln, da sie nur vor einem rechtlichen Hintergrund arbeiten. Dies wurde vom Stab des IASB unterstützt, der festhielt, dass eine der großen Herausforderungen des Projekts darin bestehe, einen Rahmen zu entwickeln, der weltweit rigoros und konsequent angewendet werden kann.