Hintergrund
Im Juli 2006 hat der IASB das Projekt zur Überarbeitung der Bilanzierung von Leasingverhältnissen in sein Arbeitsprogramm aufgenommen. Das Projekt ist gemeinsam mit dem amerikanischen Financial Accounting Standards Board (FASB) betrieben worden und zielte auf eine grundsätzliche Erfassung der Rechte und Pflichten aus Leasingvereinbarungen in der Bilanz des Leasingnehmers ab. In den folgenden Jahren wurden ein Diskussionspapier (Discussion Paper) sowie zwei Standardentwürfe (Exposure Drafts) veröffentlicht, begleitet von umfangreichen Einbindungsaktivitäten für die interessierte Öffentlichkeit. Der IASB hat nunmehr einen endgültigen Standard veröffentlicht, der für den Leasingnehmer ein einheitliches Bilanzierungsmodell für Leasingnehmer vorsieht, wohingegen der FASB sich auch dort für ein duales Modell entschieden hat. Beide Standardsetter verlangen – mit wenigen Ausnahmen – den Ansatz von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten aus Leasingvereinbarungen beim Leasingnehmer.
Identifizierung von Leasingverhältnissen
Ein Leasingverhältnis liegt vor, wenn dem Leasingnehmer vom Leasinggeber vertraglich das Recht zur Beherrschung eines identifizierten Vermögenswertes für einen festgelegten Zeitraum eingeräumt wird und der Leasinggeber im Gegenzug eine Gegenleistung vom Leasingnehmer erhält.
Die Beherrschung über den Leasinggegenstand gilt als übertragen, wenn der Leasingnehmer das Recht hat, über die Nutzung des Leasinggegenstandes zu verfügen und ihm während der Laufzeit der Leasingvereinbarung im Wesentlichen der gesamte wirtschaftliche Nutzen zufließt.
Überblick über das neue Bilanzierungsmodell in IFRS 16
Der Leasingnehmer erfasst gemäß IFRS 16 einen „Vermögenswert aus einem Nutzungsrecht“ (right-of-use asset) (im Folgenden RoU-Vermögenswert) sowie eine Leasingverbindlichkeit im Zugangszeitpunkt. Der RoU-Vermögenswert wird wie andere, nicht finanzielle Vermögenswerte bewertet und (planmäßig und ggf. außerplanmäßig) abgeschrieben. Aus der Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit entsteht laufender Zinsaufwand. Anders als unter den Vorschriften in IAS 17, wo sich ein gleichbleibender Aufwandsverlauf ergab, wird es künftig einen „front-loading“-Effekt geben, da bei unterstellter linearen Abschreibung des RoU-Vermögenswertes und dem abnehmenden Zinsaufwand aus der Leasingverbindlichkeit in der Summe ein abnehmender Gesamtaufwand in der Berichtsperiode resultiert.
Die Leasingverbindlichkeit bemisst sich als der Barwert der Leasingzahlungen, die während der Laufzeit des Leasingverhältnisses gezahlt werden. Abgezinst werden die Zahlungen mit einem dem Leasingverhältnis zugrunde liegenden Zinssatz (rate implicit in the lease), falls dieser ohne weiteres bestimmt werden kann. Sofern der Leasingnehmer diesen nicht ohne weiteres ermitteln kann, verwendet er seinen Grenzfremdkapitalzinssatz (incremental borrowing rate).
Auch künftig klassifiziert der Leasinggeber jede Leasingvereinbarung als Finanzierungs- oder Mietleasingvereinbarung. Eine Leasingvereinbarung ist als Finanzierungsleasingverhältnis zu einzustufen, falls die mit dem wirtschaftlichen Eigentum verbundenen Chancen und Risiken am Leasinggegenstand im Wesentlichen übertragen worden sind. Anderenfalls liegt ein Mietleasingverhältnis vor.
Während der Laufzeit der Leasingvereinbarung vereinnahmt der Leasinggeber Finanzerträge als konstante Verzinsung seiner Nettoinvestition in das Leasingverhältnis (net investment in the lease). Der Leasinggeber erfasst Erträge aus Mietleasingverhältnissen grundsätzlich linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses, außer eine andere, planmäßige Verteilung entspricht eher dem zeitlichen Verlauf der Nutzenziehung.
Bilanzierungswahlrechte
Anstelle der unten dargestellten Ansatzvorschriften von IFRS 16 kann sich der Leasingnehmer in Bezug auf die nachstehenden Arten von Leasingvereinbarungen entweder dafür entscheiden, die Leasingzahlungen linear über die Laufzeit der Leasingvereinbarung als Aufwand zu erfassen oder eine andere systematische Grundlage der Verteilung dafür heranziehen:
- kurz laufende (short-term) Leasingvereinbarungen mit einer Laufzeit nicht mehr als 12 Monaten und ohne Kaufoption – das Wahlrecht ist nach Klassen der zugrundeliegenden Vermögenswerte einheitlich anzuwenden; und
- Leasingvereinbarungen, bei dem der dem Leasingvertrag zugrunde liegende Vermögenswert von geringem Wert (of low value) ist (z.B. PCs, kleinteilige Vermögenswerte oder Büroeinrichtung) – dieses Wahlrecht kann auf jede einzelne Leasingvereinbarung angewendet werden, Beurteilungsmaßstab ist der Neuwert des Vermögenswertes.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die verpflichtende Erstanwendung von IFRS 16 Leasingverhältnisse erfolgt für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen. Eine vorzeitige Anwendung ist grundsätzlich möglich, falls auch IFRS 15 Verträge mit Kunden bereits vollumfänglich (vorzeitig) angewendet wird.
Weiterführende Informationen
Internetseite des IASB
IAS Plus
Sonstige aktualisierte Dokumente