In Bezug auf IFRS 17 betonte Hoogervorst zunächst, dass die IFRS die globale Rechnungslegungssprache sind, mit der großen Ausnahme der Versicherungsbranche, in der die Wirtschaft immer noch eine Vielzahl von meist veralteten Standards und historische Kosten verwendet, so dass die Versicherer ihre Pensionsverbindlichkeiten zu historischen Zinssätzen diskontieren, die in keiner Weise die negativen Zinssätze von heute widerspiegeln. Er betonte, dass der Internationale Währungsfonds ebenso wie der Finanzstabilitätsrat den neuen Standard dringend fordern. Hoogervorst wies auch darauf hin, dass der IASB sehr genau auf Anmerkungen und Sachverstand von außen hört - ein großer Teil davon aus der EU und von der Europäischen Beratungsgruppe zur Rechnungslegung (European Financial Reporting Advisory Group, EFRAG). Von den zehn Änderungsvorschlägen in Bezug auf IFRS 17, die der IASB derzeit prüft, wurden sechs von EFRAG eingebracht und fünf davon adressiert.
Das andere große Thema, über das Hoogervorst sprach, war die Rolle des IASB in der allgemeineren Unternehmensberichterstattung. Er merkte an, dass nicht alle nichtfinanziellen Informationen leicht in den Jahresabschlüssen erfasst werden können, da sie schwer zu bemessen und anzusetzen sind, und doch räumte er auch ein, dass diese Informationen für Anleger wichtig sein können. Wie im letzten Jahr wies Hoogervorst auf das Projekt des IASB zur Aktualisierung des Leitliniendokuments zur Lageberichterstattung hin und merkte an, dass der Lagebericht den Raum für Informationen bietet, die nicht natürlich in den Abschluss passen, aber dennoch eine finanzielle Auswirkung haben können. Er erklärte, dass die Rolle des IASB nicht darin bestehe, Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu setzen, da bereits viele Standardsetzer ("zu viele") in diesem Bereich aktiv seien, sondern dass der Lagebericht einen Rahmen biete, der den Erstellern die Möglichkeit gebe, finanzielle und nichtfinanzielle Informationen miteinander zu verbinden.
Es waren mehr Parlamentarier bei dieser Sitzung anwesend als in den vergangenen Jahren, und IFRS 17 und die allgemeinere Unternehmensberichterstattung waren genau die Themen, zu denen sie sich äußerten. Zu IFRS 17 wollte ein Parlamentarier wissen, wenn dies so wichtig sei, warum die USA den Standard nicht anwenden. Hoogervorst erläuterte die Entscheidung der USA im Jahr 2011, die IFRS-Konvergenz aufzugeben, aber er merkte auch an, dass die IFRS als Rechnungslegungsstandards (für ausländische private Emittenten) in den USA akzeptiert werden und die Übernahme der IFRS sich weiterhin weltweit verbreitet. In Bezug auf IFRS 17 wies er insbesondere auf Korea hin, das IFRS 17 "mutig" übernehmen und ihn in Verbindung mit einer strengen Regulierung als Gelegenheit zur Rekapitalisierung seines Versicherungsmarktes nutzen werde. Er betonte auch, dass er sich wünsche, dass die EU den Prozess der Übernahme von IFRS 17 beschleunigt, da der Standard helfen könne, einige der gegenwärtigen Probleme, insbesondere im Zusammenhang mit negativen Zinssätzen, zu bewältigen.
Die Fragen rund um die allgemeinere Unternehmensberichterstattung standen meist im Zusammenhang mit dem "Green Deal" der Europäischen Kommission. Es gab Fragen zu mehr quantitativen, nicht nur qualitativen Informationen, zu mehr zukunftsorientierten Informationen und den Ausdruck von Frustration darüber, dass der IASB nicht schneller handele. Hoogervorst erläuterte noch einmal, dass die Expertise des IASB nicht in der Standardsetzung im Bereich der Nachhaltigkeit liege, auch wenn er gerne eine Plattform in Form des aktualisierten Leitliniendokuments zur Lageberichterstattung zur Verfügung stelle, das Leitlinien für die Aufnahme von Nachhaltigkeitsinformationen in den Lagebericht enthalten werde und Raum für solche Informationen biete, aber keine Standards dafür enthalte. Er räumte ein, dass nicht alles "in Butter" in der Nachhaltigkeitsberichterstattung sei, insbesondere die enorme Fragmentierung in diesem Bereich sei entmutigend. Hoogervorst erlaubte sich die Hoffnung, dass sich die vielen Akteure irgendwann zu einem globalen Standardsetzer zusammenschließen würden. Er warnte jedoch vor zwei Aspekten, über die man sich im Klaren sein müsse. Zum einen gehen die Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards derzeit in zwei verschiedene Richtungen: Informationen über Risiken und Chancen für Unternehmen und damit für Investoren (dies würde alle nichtfinanziellen Informationen mit einschließen, die langfristig zu Finanzinformationen werden können) und Informationen über Risiken für die Gesellschaft insgesamt. Und zum anderen seien Nachhaltigkeitsinformationen, obwohl sie dringend benötigt würden, viel weniger präzise als Finanzinformationen und viel politischer getrieben.
Eine Aufzeichnung des Meinungsaustauschs ist auf der Internetseite des EU-Parlaments verfügbar.