IASB stellt Vorschläge zu Versicherungsverträgen erneut zur Diskussion

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20.06.2013

Der International Accounting Standards Board (IASB) hat am 20. Juni 2013 einen überarbeiteten Standardentwurf (Exposure Draft ED/2013/7) zu Versicherungsverträgen veröffentlicht. In dem überarbeiteten Entwurf werden die Adressaten zu Stellungnahmen zu fünf Kernthemen aufgerufen. Im Entwurf ist noch kein Erstanwendungszeitpunkt angegeben; diesen wird der IASB erst nach Erwägung der Stellungnahmen festsetzen, wobei an ein Inkrafttreten erst drei Jahre nach Veröffentlichung eines endgültigen Standards gedacht wird. Die Frist zur Einreichung der Eingaben endet am 25. Oktober 2013.

Hintergrund

Der IASB hatte einen ersten Entwurf (ED/2010/8) am 30. Juli 2010 in der Absicht veröffentlicht, einen einzigen Standard zu schaffen, der auf sämtliche Arten von Versicherungsverträgen gleichermaßen Anwendung finde könnte und die Angabe-, Bewertungs-, Ausweis- und Angabevorschriften für Versicherungsverträge behandeln würde.

Die Zielsetzung des ursprünglichen wie auch des überarbeiteten Entwurfs besteht in der Vorgabe von Prinzipien, die Versicherer bei der Berichterstattung über Art, Höhe, zeitlichem Anfall und Unsicherheit von Zahlungen aus Versicherungsverträgen anzuwenden hätten. Wie bisher erstreckt sich der Anwendungsbereich des Entwurf dem Grunde nach auf sämtliche von einem Versicherer geschriebenen Versicherungspolicen und gehaltenen Rückversicherungsverträge. Er gilt ferner für Versicherungsverträge mit Überschussbeteiligungen, die ein Versicherer schreibt. Im überarbeiteten Entwurf finden sich allerdings eine Reihe an Verträgen, die vom Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Regelungen ausgeklammert würden.

Dem Entwurf zufolge sind Versicherungsverträge nach dem Bausteinansatz zu bewerten. Danach wäre die Verpflichtung aus einem Versicherungsverträge mit der Summe der wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzungen der Zahlungen zu bemessen, zuzüglich einer Verpflichtung aus einer Risikoanpassung, über die die Unsicherheit von Zahlungen der Höhe und der Zeit nach berücksichtigt würde, zuzüglich eines Betrags für die vertraglich vereinbarte Marge aus der Erbringung der Dienstleistung, welche den noch nicht erdienten Gewinn eines Vertrags darstellt.

 

Themengebiete, zu denen gezielt um Stellungnahme gebeten wird

Auf Grundlage der zum damaligen Entwurf eingegangenen Rückmeldungen haben IASB und FASB die Vorschläge erneut beraten und einen überarbeiteten Standardentwurf ausgearbeitet. Dieser Entwurf ist fünf Kernaspekten der Versicherungsbilanzierung gewidmet:

  1. der Anpassung der noch nicht erdienten Gewinne aus Versicherungsverträgen
  2. der Bilanzierung von Verträgen, die eine Verknüpfung zu den Renditen zugrundeliegender Posten vorsehen und die das Unternehmen zu halten verpflichtet ist
  3. den Ausweis von Aufwendungen und Erträgen aus Versicherungsverträgen
  4. den Ausweis von Zinsaufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung und dem sonstigen Gesamtergebnis sowie
  5. die vollständig rückwirkende Anwendung beim Übergang auf die neuen Regelungen.

 

I. Anpassung der noch nicht erdienten Gewinne aus Versicherungsverträgen

Beim Erstansatz wird die vertraglich vereinbarte Dienstleistungsmarge als Betrag ermittelt, der sich als Komplement der Summe aus (a) dem Betrag an Zahlungen, der zur Erfüllung des Versicherungsvertrags bei Zugang erforderlich ist, und (b) etwaigen geleisteten (oder erhaltenen) Zahlungen vor dem erstmaligen Ansatz des Versicherungsvertrags ergibt.

In den Folgeperioden wird die vertraglich vereinbarte Dienstleistungsmarge über den Deckungszeitraum in dem Maße ergebniswirksam erfasst, wie der Versicherer sich seiner Verpflichtung entledigt. Die vertraglich vereinbarte Dienstleistungsmarge wird zudem prospektiv um Änderungen bei den zukünftig erwarteten Zahlungen angepasst, die sich auf zukünftige Deckungen beziehen. Der Betrag, um den die vertraglich vereinbarte Dienstleistungsmarge infolge dieser Änderungen erhöht werden kann, ist nach oben nicht gedeckelt. Wenn die Änderungen sich allerdings als derart negativ herausstellen, dass sie dazu führen würden, dass die vertraglich vereinbarte Dienstleistungsmarge negativ würde, wird der Vertrag belastend. In diesem Fall müssen etwaige Änderungen des übersteigenden Buchwerts der vertraglich vereinbarten Dienstleistungsmarge zum Zeitpunkt der Änderung unmittelbar ergebniswirksam erfasst werden. 

Der Versicherer darf die vertraglich vereinbarte Dienstleistungsmarge nicht infolge von Änderungen bei der Schätzung eingetretener Schadensfälle anpassen (d.h. wenn die Deckung bereits ausgelaufen ist und bei Änderungen der Risikoanpassung).

 

II. Bilanzierung von Verträgen, die eine Verknüpfung zu den Renditen zugrundeliegender Posten vorsehen und die das Unternehmen zu halten verpflichtet ist

Versicherer haben Zahlungen aus überschussbeteiligten Verträgen, bei denen die vertraglichen Zahlungen an die Renditen eines zugrundeliegenden Pools an Vermögenwerten anknüpfen, in derselben Weise zu bemessen und auszuweisen, wie die zur Deckung der Verpflichtung bestehenden Vermögenswerte bewertet und ausgewiesen werden.

Es gibt drei mögliche Arten überschussbeteiligter Verträge und korrespondierender Bilanzierunsweisen:

  1. Die vertraglichen Zahlungen verändern sich unmittelbar in Abhängigkeit von den zugrundeliegenden Vermögenswerten
    •  Diese Zahlungen werden unter Bezugnahme auf den Buchwert der Vermögenswerte bemessen und ausgewiesen.
    •  Es erfolgen keine Anpassungen an der vertraglich vereinbarten Dienstleistungsmarge.
  2. Die vertraglichen Zahlungen verändern sich mittelbar in Abhängigkeit von den zugrundeliegenden Vermögenswerten
    •  Diese Zahlungen werden unter Anwendung des allgemeinen Bausteinansatzes bemessen und mit einem aktuellen Zins diskontiert.
    •  Die vertraglich vereinbarte Dienstleistungsmarge wird prospektiv angepasst.
    •  Zinsinduzierte Änderungen werden immer in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst.
  3. Die vertraglichen Zahlungen verändern sich nicht in Abhängigkeit von den zugrundeliegenden Vermögenswerten
    •  Diese Zahlungen werden unter Anwendung des allgemeinen Bausteinansatzes wie im Standardentwurf gefordert bemessen.

In jedem der drei vorstehenden Zahlungsstromvarianten hat der Versicherer Änderungen der Verpflichtung aus der Risikoanpassung ergebniswirksam zu erfassen.

 

III. Ausweis von Aufwendungen und Erträgen aus Versicherungsverträgen

Der Versicherer hat die Erlöse in jeder Periode in dem Maße zu erfassen, wie die Verpflichtung über den verbleibenden Deckungszeitraum abnimmt.

Um die neue Höhe der Erträge zu ermitteln, muss ein Versicherer die Zahlungen in diejenigen aufspalten, die sich auf künftige Deckungen beziehen, und diejenigen, die aus alten, noch nicht erfüllten Schadensansprüchen resultieren. Die Zahlungen, die sich aus Deckungen ergeben, die in einer bestimmten Periode erwartet werden, werden der Dienstleistungsmarge hinzugerechnet, die wie oben beschrieben bestimmt wird, um den Erlös aus der Versicherung zu ermitteln. Die tatsächlichen Zahlungsströme wie beispielsweise tatsächliche Aufwendungen und Erträge werden als Versicherungsaufwand erfasst.

Diese Aufwendungen und Erträge bedürfen einer weiteren endgültigen Anpassung. Wenn sie Zahlungen enthalten, die gegenüber den Policeninhabern in jedem Fall erfolgt wären, müssen diese Zahlungen von den Ausweiszeilen zu Versicherungsaufwendungen und -erträgen getrennt werden, da sie Anlagekomponenten darstellen.

 

IV. Ausweis von Zinsaufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung und dem sonstigen Gesamtergebnis

Versicherer müssen die Zinsaufwendungen aus einem Versicherungsvertrag in zwei Komponenten aufspalten:

  • jene Zinsaufwendungen, die auf historischen Diskontierungssätzen fußt, welche beim Schreiben des Vertrags marktgerecht waren, wird in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst.
  • die Zinsaufwendungen, die aus aktuellen Zinssätzen abgeleitet werden, werden im sonstigen Gesamtergebnis (other comprehensive income, OCI) ausgewiesen.

Bei überschussbeteiligten Verträgen hat der Ausweis entsprechend der Spiegelbildmethode immer Vorrang vor der OCI-Lösung.

 

V. Vollständig rückwirkende Anwendung beim Übergang auf die neuen Regelungen

Versicherer haben die Vorschriften des vorgeschlagenen Standards so anzuwenden, als wären sie schon immer in Kraft gewesen.

Im überarbeiteten Entwurf werden einige Praxiserleichterungen und Vereinfachungen vorgelegt:

  • In Fällen, in denen eine vollständige Neudarstellung der vertraglichen Dienstleistungsmarge undurchführbar ist, ist es dem Versicherer gestattet, die vertragliche Dienstleistungsmarge mit Hilfe aller objektiven Informationen zu schätzen, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können Versicherer rückwirkende Erkenntnisse berücksichtigen und müssen nicht alle Veränderungen in den Schätzungen von Zahlungsströmen identifizieren, die zwischen dem erstmaligen Ansatz und dem Zeitpunkt des Übergangs aufgetreten sind.
  • Als Ausgangspunkt haben Versicherer den eingefrorenen Abzinsungssatz rückwirkend auf der Grundlage von Anpassungen einer am Markt beobachtbaren Zinsstrukturkurve über zumindest die letzten drei Jahre zu bestimmen. Wenn es keine am Markt beobachtbare Strukturkurve gibt, kann der Abzinsungssatz unter Verwendung einer am Markt beobachtbaren Strukturkurve am nächsten kommenden bestimmt werden. Derselbe Marktreferenzpunkt muss bei der Bestimmung der eingefrorenen Zinsstrukturkurve für die Diskontierung eines jeden Jahres im Rückschauzeitraum verwendet werden.
  • In dem überarbeiteten Entwurf werden auch weniger Angabevorschriften vorgeschlagen. Versicherer müssen keine vorher nicht veröffentlichten Informationen zu Schadensentwicklungen offenlegen, die fünf Jahre vor dem Ende des ersten Geschäftsjahres aufgetreten sind, in dem der Standard angewendet wird. Dies wäre normalerweise für zehn Jahre der Fall. Versicherer haben auch nicht den Betrag der Anpassungen für jede betroffene Ausweiszeile wie in IAS 8 gefordert anzugeben.

Der überarbeitete Entwurf gestattet auch eine erneute Klassifizierung von finanziellen Vermögenswerten zum Zeitpunkt des Übergangs. Zu Beginn der frühesten dargestellten Periode kann ein Versicherer die Fair Value Option ziehen, wenn dies eine Bewertungsanomalie beseitigen oder erheblich reduzieren würde, ist dazu aber nicht verpflichtet. Ein Versicherer muss eine zuvor vorgenommene Ziehung der Fair Value Option zurückzunehmen, wenn die Bewertungsanomalie, die zu der früheren Klassifizierung führte, nicht weiter besteht.

 

Zeitpunkt des Inkrafttretens

Der IASB hat den Zeitpunkt des Inkrafttretens bewusst offengelassen und wird diesen nach Erwägung der eingegangenen Stellungnahmen festlegen. Es ist davon auszugehen, dass ein endgültiger Standard etwa drei Jahre nach der Verabschiedung in Kraft treten werden wird.

 

Kommentierungsfrist

Stellungnahmen zu den fünf vorstehend aufgeführten Themengebieten werden bis zum 25. Oktober 2013 erbeten.

 

Weiterführende Informationen

 

Zugehörige Themen

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